Kirchheim
Auch ohne Fleisch schmeckt’s tierisch gut

Veganismus Die Kühlregale in Kirchheimer Supermärkten zeigen: Das Interesse an pflanzlicher Ernährung ist gestiegen. Das Angebot ist vielfältig. Von Dorina Schreiber

Spätestens seit den „Fridays for Future“-Demonstrationen ist Nachhaltigkeit wieder in aller Munde. Umweltthemen erlangen mehr Aufmerksamkeit. Eine vegane Ernährung ist für manche ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Lebensweise, für andere aber auch ein Ausdruck ethischer Bedenken.

Umfragen zufolge bezeichnen sich viele Deutsche ­mittlerweile als „Flexitarier“, also als Menschen, die nicht mehr regelmäßig Fleisch konsumieren. Pflanzliche Alternativen gibt es einige. Beim Blick ins Regal bei Penny in Kirchheim fällt einem beispielsweise „Food for Future“ ins Auge. Laut Andreas Krämer von der Pressestelle des Unternehmens führt der Discounter diese Eigenmarke seit September letzten Jahres. Auch bei Lidl gibt es einige Alternativen zu tierischen Produkten, kenntlich gemacht durch eine grüne Pflanze, die auf der Verpackung prangt.

Während sich Discounter und Supermärkte erst nach und nach auf den Trend einstellen, haben Bio­märkte die Marktchance bereits früher erkannt und ihr Sortiment an veganer Kost aufgestockt. Von veganem Landjäger bei Denns in der Dettinger Straße bis Brotaufstriche von „bio b“ im Steingauquartier findet das Veganerherz, was es begehrt. In Lenningen gibt es inzwischen sogar einen veganen Online-Versandhandel „plantful“, der mit Fleischalternativen lockt.

Ordentlich gewürzt landet man mit veganem Essen immer einen Erfolg, meint auch Yvonne Cansever, Chefin des veganen Res­taurants Wilhelmshöhe in Dür­nau. Sie sei, so meint die Gastronomin, eigentlich recht zufällig vor zehn Jahren in den Veganismus gerutscht. Nach einer Entgiftungskur wollte sie gar nicht mehr zum Fleisch zurück und arbeitete zunächst als Caterer in Schulmensen. Nachdem sie hier erste Erfahrungen in der Gastronomie gesammelt hatte, erkannte sie ziemlich schnell eine Marktlücke: „Außer Pommes und Salat gibt es für Veganer auswärts oft kaum etwas zu essen, also haben wir kurzerhand ein veganes Restaurant eröffnet.“

Bei verschiedenen Events konnten auch die größten Kritiker überzeugt werden. Die Wirtin erzählt schmunzelnd, dass besonders hungrige Männer durchaus schon mehrere Gerichte bestellt hätten, weil sie befürchteten, nicht satt zu werden - beim Verlassen des Restaurants mussten sie dann aber grinsend ihre Irrtümer einräumen.

Mit Vorurteilen hat die Wirtin generell viel zu tun. „Ich wünsche mir gegenseitige Akzeptanz, niemand will irgendwem sein Steak vom Teller klauen“, erklärt sie. „Wenn ich auf Geburtstagsfeiern komme und etwas mitbringe, sind meine Sachen immer gleich weg. Das freut mich sehr, weil es zeigt, dass die vegane Küche neugierig macht und offensichtlich schmeckt.“ Der Start war allerdings schwer, meint sie, in der Umgebung gebe es ja auch kaum vegane Restaurants. Inzwischen kämen aber sogar Feriengäste aus der Schweiz immer wieder zu ihr.

In der Wilhelmshöhe gibt es auch Kochkurse, die derzeit jedoch noch ausschließlich online stattfinden. Auf der Homepage lassen sich auch Gerichte bestellen, die dann vor Ort abgeholt werden können. Ein Tipp der Küchenchefin: Einfach mit den Lebensmitteln experimentieren: „Es gibt nichts, was es nicht gibt. Seit dem neunten Probedurchgang habe ich endlich ein Tiramisu-Rezept, das ohne Ei funktioniert.“