Bevor die Filialleiterin der Kirchheimer Buchhandlung Zimmermann, Sibylle Mockler, die Autorin vorstellte, gratulierte sie ihr zu einem soeben verliehenen Preis: Mechtild Borrmann erhält den Stuttgarter Krimipreis der Hypo-Vereinsbank für „Grenzgänger“, „den besten deutschsprachigen Kriminalroman 2018“. Diese Auszeichnung bekommt eine Quereinsteigerin, so führte Sibylle Mockler aus. Mechtild Borrmann kann auf keine Autorenlaufbahn mit Studium oder Ähnlichem verweisen. Sie war in vielseitigen Berufen tätig, war Tanz- und Theaterpädagogin, arbeitete mit behinderten Kindern und später auch als Gastronomin. Erst im Alter von 46 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Kriminalroman. Seit sie 2012 mit dem deutschen Krimipreis für „Wer das Schweigen bricht“ ausgezeichnet wurde, ist sie eine Größe in der deutschen Literaturlandschaft. Ihr Markenzeichen ist: Zeitgeschichte und spannende Kriminalgeschichten zu verbinden.
Die Autorin las nun Auszüge aus den ersten drei Kapiteln ihres Krimis „Grenzgänger“ vor. Sie stellte damit, ergänzt durch Erläuterungen, die Personen vor und führte in den Inhalt ein. Aus drei Erzählperspektiven befasst sie sich mit der Hauptfigur Henriette Schöningh, genannt Hanni. Der Krieg ist zu Ende. Hanni übernimmt 1945 nach dem Tod der Mutter und dem Ausfall des Vaters als 14-Jährige den Haushalt, um ihren drei Geschwistern und sich die Einweisung in ein katholisches Kinderheim zu ersparen. Sogar die materielle Versorgung stemmt sie, indem sie zusammen mit anderen über die belgische Grenze bei Mondschau Kaffee schmuggelt. Das lohnte sich damals angesichts der hohen Steuern in Deutschland auf „Bohnenkaffee“. Als die Sache auffliegt, muss Hanni mit ihren Geschwistern doch ins Heim, in dem ein unvorstellbar grausamer Erziehungsstil herrscht. Ein Bruder flieht und ist verschollen, einer stirbt aus ungeklärter Ursache im Heim. Hanni übersteht alles, hat sich nach Jahren etabliert, lässt aber nicht locker bei der Suche nach ihren Brüdern. Die Beharrlichkeit bringt sie sogar vor Gericht. Mehr sei nicht verraten, außer dass es, wie es sich für einen Krimi gehört, spannend zugeht durch Schüsse, Todesfälle, Anhörungen und Gerichtsverhandlungen. Genauso sicher ist, dass alle Instanzen wie Gericht, Jugendamt und Kirche versagen.
Mechtild Borrmann schreibt einen klaren Stil. Sie wird unterhaltsam, indem sie Dialoge mit den notwendigen Inhalten fantasievoll mit Örtlichkeiten und Handlungen ausschmückt. Beim Vorlesen steht sie, ist dadurch präsenter, und lässt in ruhiger Gangart dem Zuhörer Zeit, sich in die Personen einzufühlen und sich mit dem Sachverhalt auseinanderzusetzen. Man hat das Gefühl, dass die Krimiautorin durch ihre verschiedenen Berufserfahrungen über einen reichen Fundus verfügt, um Personen mit ihren Problemen für ihre Romane zu erfinden.