Kirchheim
Azubis nehmen Schüler an die Hand

Jobsuche Wer kurz vor dem Schulabschluss steht, hat die Qual der Wahl. Einen guten Einblick in Vielfalt und ­Möglichkeit von Ausbildungsberufen verschafft die Berufsinfomesse in der Stadthalle. Von Katja Eisenhardt

Noch ein kurzer Blick auf die langen Listen an den Eingangstüren, auf denen sämtliche Angebote aufgeführt sind, dann kann es auch schon losgehen: Teils noch etwas zurückhaltend, teils sehr gezielt machen sich die Mädels auf den Weg zum ersten für sie interessanten Firmenstand, um sich über die Ausbildungswege des Unternehmens zu informieren. Das vielseitige Angebot der 74 Betriebe aus Kirchheim und Umgebung reicht dabei von A wie Augenoptiker bis Z wie Zweiradmechaniker. Das Besondere: Die Infos bekommen die Schüler direkt von den Azubis, also von fast Gleichaltrigen, was mögliche Hemmschwellen senken soll.

Beratung verläuft getrennt

Am Vormittag waren ausschließlich die Jungs an der Reihe, mittags ist die Berufsinfomesse dann in weiblicher Hand. Ein Konzept, das sich über die Jahre bewährt hat, sagen Jessica Villamar Ruiz und Wolfgang Schindler von der veranstaltenden Jugendagentur Kirchheim-Nürtingen. „Die Mädels trauen sich so auch eher zu den Ständen der technischen Berufe, wenn diese noch nicht von den Jungs belagert sind“, so die Beobachtung. Bestenfalls informiere dann eine Azubine über ihren technischen oder handwerklichen Beruf - ein Gebiet, das nach wie vor bei vielen Mädels nicht ganz oben auf der Wunschliste steht. Eine dieser technikbegeisterten Azubinen ist Lilli Stepan. Sie ist im ersten Lehrjahr zur Elektronikerin für Geräte und Systeme bei Leuze electronic in Owen: „Technik hat mich schon immer interessiert, und ich habe vor der Ausbildung ein Praktikum gemacht, um zu sehen, ob das tatsächlich das Richtige für mich ist“, erzählt sie. Das rät sie auch den Schülern. Dass sie in ihrem Jahrgang die einzige Frau an der Berufsschule ist, stört Lilli Stepan überhaupt nicht. „Ich finde an meinem Beruf die Abwechslung zwischen Theorie und Praxis gut, nur den ganzen Tag am PC zu sitzen, wäre nichts für mich.“

Das können die angehenden Zimmerinnen Nina Heinz und Jaqueline Göltz sowie Schreinerin in spe Maren Sting bestätigen: „Bei einem handwerklichen Beruf sieht man einfach, was man geschafft hat, und gerade eine Hausbau ist ja bestenfalls etwas für viele Jahrzehnte“, sagt Nina Heinz. Viele Mädels schrecke die körperliche Arbeit ab, wissen die drei, „dabei können wir das genauso gut. Am besten ist, man probiert das während eines Praktikums aus, um eine bessere Vorstellung von dem Beruf zu bekommen“, rät Nina Heinz, die selbst im dritten Lehrjahr ist und ihre Wahl nicht bereut.

Exoten haben ihren Reiz

Einen besonderen Beruf, der bei den Jugendlichen nicht allzu präsent ist, hat Christian Selzer gelernt. Seit Dezember ist er Leichtflugzeugbauer beim alteingesessenen Familienunternehmen Schempp-Hirth Flugzeugbau in Kirchheim. „Deutschlandweit gibt es nur gut 25 Azubis in meinem Bereich, in Kirchheim sind wir einer von nur drei großen Herstellern in Deutschland. Das wissen viele Jugendliche gar nicht“, so Christian Selzer. Er selbst sei seit seiner Jugend Segelflieger und habe so früh einen Bezug zu seinem heutigen Beruf gehabt. Was man mitbringen sollte? „Handwerkliches Geschick und Teamfähigkeit.“

Keine Angst vor Technik

Überhaupt nicht abgeschreckt von technischen Berufen sind die Neuntklässlerinnen Maja Knauer, Cindy Doll, Angela Walch und Madeleine Lang. Während Angela und Cindy sich ausgiebig über die Ausbildung zur Bauzeichnerin informiert haben, hat es Maja der Beruf des Süßwarentechnologen angetan: „Das kannte ich vorher überhaupt nicht, hört sich aber wirklich interessant an“, findet die 14-Jährige, die sich bei Oktay Cetin von der Firma Rübezahl in Dettingen informiert hat. „Süßwarentechnologen stellen Süßwaren aller Art her. Dazu gehört das Bedienen und Überwachen der industriellen Anlagen sowie die Qualitätsprüfung der Produkte“, fasst der Süßwarentechnologe zusammen, der seine Ausbildung bereits erfolgreich abgeschlossen hat.