Kirchheim
Baustelle in der Martinskirche bleibt bis zum Sommer​​

Sanierung In Kirchheim steht das zweite Weihnachten ohne Martinskirche bevor: Die Arbeiten verzögern sich um mindestens ein halbes Jahr. Für die Einrichtung schreibt die Gemeinde Stühlepatenschaften aus. Von Andreas Volz 

Seit einigen Wochen müsste die Kirchheimer Martinskirche eigentlich schon wieder geöffnet sein – wäre es nach den ursprünglichen Plänen und Bauzeiten für die Innensanierung gegangen. Diese Pläne sind aber längst von der
 

Die Betonung liegt auf dem Hoffen.
Axel Rickelt
zur Hoffnung, dass die Martinskirche im Sommer wieder öffnen kann

Wirklichkeit eingeholt worden, sodass man im Kircheninneren schon sehr weit nach oben schauen muss, um noch so etwas wie eine sakrale Wirkung erkennen zu können.

Der Boden ist nach wie vor eine Baustelle. Auf dem Betonboden liegen Schutthaufen, und durch den Boden ziehen sich viele Gräben, die unterschiedliche Schichten sichtbar machen, in einer Tiefe von bis zu 80 Zentimetern. An manchen Stellen zeugen diese Schichten vom großen Stadtbrand, dem Anfang August 1690 auch das Kirchenschiff zum Opfer gefallen war: Angeglühter und somit stark geröteter Angulatensandstein ist ebenso auf die große Hitze zurückzuführen wie Überreste von Balken, die zu Holzkohle geworden sind.

Günther Frey, Mitglied des Kirchengemeinderats und der Archäologie-AG, stellt fest, dass bei den professionellen Ausgrabungen „zeitlich alles gut im Rahmen liegt“. Die Arbeit der Archäologen dürfte vor Ort bald abgeschlossen sein. Danach geht es ans Auswerten, denn viele Funde werfen mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben. Neun Münzen beispielsweise können zeitliche Aufschlüsse geben. Dafür müssen sie aber erst genauer untersucht werden, nach einer gründlichen Reinigung und Restaurierung.

Ein Mauer-Rücksprung in der Nordwestecke scheint einen Grundriss zu bestätigen, der die Zeit vor dem Stadtbrand wiedergeben soll. Schieferfunde zeigen, dass das Dach des Kirchenschiffs um 1575 neu eingedeckt worden sein muss. Allerdings war der Schiefer nicht sonderlich gut geeignet, sodass man ihn bereits im 17. Jahrhundert durch barocke Tonziegel ersetzt hat. Reste der romanischen Dachziegel im Kirchenboden belegen Günther Frey zufolge außerdem, „dass es sicher eine große, bedeutende romanische Vorgängerkirche gegeben hat“.

Die Ausgrabungen gehören nicht direkt zur Innensanierung der Martinskirche. Es ist aber ähnlich wie beim letzten großen Umbau vor 60 Jahren: Weil eine neue Heizung eingebaut wird, braucht es neue Heizungsschächte. Und wo diese Schächte in den Boden eingreifen, wird – weil der Boden an diesen Stellen ohnehin offenliegt – die archäologische Untersuchung notwendig.

Zur Bauverzögerung trägt die Archäologie indessen kaum bei – allenfalls indirekt: Beim Landesenkmalamt hat die Kirchengemeinde Zuschussanträge gestellt, aber noch keinen Bescheid erhalten. Die Kirchengemeinde macht deshalb gerade eine Erfahrung, die die weltliche Gemeinde schon lange kennt: Die entsprechenden Arbeiten dürfen erst dann beginnen, wenn der Zuschuss bewilligt ist. „Das verzögert so manches“, sagt Pfarrer Jochen Maier und nennt ein Beispiel: „Unter der Empore sind einige Epitaphien zu versetzen. Das müssen wir aber machen lassen, bevor der Bodenbelag fertig ist, weil die Epitaphien richtig schwer sind.“ So gebe es immer wieder Arbeiten, die es zurückzustellen gilt, bis andere Arbeiten erledigt sind. Je nachdem, wofür noch der Zuschussbescheid aussteht, kann das zu zeitlichen Dominoeffekten führen.

Pfarrer Axel Rickelt spricht deshalb von großen Unwägbarkeiten, die die gesamte Sanierung beeinflussen: „Bei der Fertigstellung hoffen wir auf den Sommer.“ Die Betonung liege aber mehr auf dem „Hoffen“ als auf dem „Sommer“.
 

Spenden sollen die Stühle finanzieren

Ein weiteres Hoffen gilt der Spendenfreudigkeit der Kirchheimer, die ihre Martinskirche bereits schmerzlich vermissen, weil jetzt bereits das zweite Weihnachten bevorsteht, in der das Gebäude nicht genutzt werden kann: „Wir wollen insgesamt 300 Stühle anschaffen“, sagt Pfarrer Maier. Diese Stühle seien elementar: „Man muss in der Kirche sitzen können. Aber die Stühle geben uns die Flexibilität, um den Kirchenraum auch anders nutzen zu können.“

Für jeden Stuhl bittet die Kirchengemeinde um Patenschaften. Gegen eine Spende von 350 Euro pro Stuhl gibt es eine Patenurkunde und eine Spendenbescheinigung. Auf dem „eigenen“ Stuhl können die Paten später aber nicht sitzen, weil die Stühle nicht nummeriert werden. Wer Näheres über die Stühle und die Patenschaften erfahren will, wird im Internet in der Rubrik „Stiften und Spenden“ unter www.evangelische-kirche-kirchheim-teck.de fündig.