Kirchheim
Beim Fensterputzen verliebt

Ehejubiläum Gisa und Rolf Bergner feiern heute ihren 60. Hochzeitstag. Dabei hatten sie einen schwierigen Start.

Kirchheim. Es war ein schöner Frühlingstag im Jahr 1956, als Gisa Bergner sonntags die Fenster putzte und unten immer wieder ein Mann auf und ab lief. „Was ist das denn für ein feiner Pinkel im weißen Trenchcoat da unten“, dachte sich die damals 15-Jährige, als sie ihren Rolf das erste Mal sah. Drei Jahre nach ihrer ersten Begegnung gab sich das frisch verliebte Paar am 5. September 1959 das Ja-Wort. Heute feiert es ihr 60. Jubiläum.

Dabei hatten die gebürtigen Leipziger keinen leichten Start. „Ich saß im Auto, als ich im Radio gehört habe, dass eine Mauer gebaut werden soll“, sagt Gisa Bergner, die noch immer Gänsehaut bekommt, wenn sie an diesen Moment zurückdenkt. Trotzdem wollte das Paar 1961 unbedingt in den Süden, um dort beruflich durchzustarten. Rolf Bergner war in der Autobranche tätig und sah bei Daimler, Porsche und Co. seine Chance. Ihre erstgeborene Tochter ließen sie damals bei den Großeltern in Leipzig, bis alles in ihrer neuen Heimat geregelt war. In der Zwischenzeit wurde die Mauer gebaut, und zum Leidwesen der jungen Eltern durften sie ihr Kind daraufhin nicht mehr zu sich holen. Ihre Tochter wuchs somit bei den Großeltern auf, obwohl die Bergners alles versucht hatten, ihre Familie wieder zu vereinen. Lediglich zu den Frühlings- und Herbstmessen in Leipzig konnten sie ihre Tochter sehen. Zwölf Jahre später war die Familie dann endlich wieder zusammen im Schwabenländle vereint. „Für unsere Ehe war das natürlich ein Stolperstein“, sagt Gisa Bergner, „aber das schweißt zusammen.“

Auch die Reisen, die die Bergners auch heute noch unternehmen, stärken ihr Eheband. Das Paar hat Freunde auf der ganzen Welt, zum Beispiel in der Partnerstadt Kirchheims, Rambouillet. Vor allem Gisa Bergner besucht noch immer ihre ehemaligen Patienten im Altersheim in Kirchheim, in dem sie mehrere Jahre gearbeitet hat.

Seit 1964 wohnt das Paar in Kirchheim und genießt es jedes Mal, zurückzukommen. „Wir sind immer froh, wenn wir von einem Besuch aus der Ferne unsere heiß geliebte Burg Teck sehen. Dann wissen wir, dass wir zu Hause sind“, schwärmen Rolf und Gisa Bergner. An das schwäbische Essen haben sich die Leipziger aber erstmal gewöhnen müssen. Vor allem das erste Stückchen Zwiebelkuchen war für Gisa Bergner ungenießbar. Das lag aber daran, dass sie es kalt probiert hatte. Heute hingegen backt sie einen der besten Zwiebelkuchen, schwärmt ihr Mann.

Zu ihrem 60. Hochzeitstag wird sie dieses Jahr allerdings keine Zeit finden, einen Kuchen zu backen, denn zur Feier des Tages haben sie sich einen Platz im Öchsle-Dampfzug reserviert und fahren zum Rittermahl nach Aulendorf.

Im Oktober wird es dann voll in ihrer Wohnung. Dann stoßen die insgesamt vier Kinder, vier Enkelkinder und fünf Urenkel auf das seit 60 Jahren verheiratete Ehepaar an. Lena Bautze