Bjønstjerne Bjørnson, Giosuè Carducci, Verner von Heidenstam, Carl Spitteler oder auch Jacinto Benavente: Immer wieder finden sich in der Liste der Literaturnobelpreisträger Autoren, die sonst eher nicht auf dem Gipfel des Schriftsteller-Olymps anzutreffen sind. „Insofern passe ich da ganz gut rein, auch meine Werke sind außerhalb meines Sprachraums kaum bekannt“, sagt Bernd Merkle aus Albershausen in schwäbischer Bescheidenheit, nachdem er erfahren hat, dass er als heißer Kandidat für den Nobelpreis gilt.
„Ob 2018 oder 2019, des isch mir ois - i nemm’s, wie’s kommt“, fügt er hinzu. Die Tatsache, dass der Preis dieses Jahr gleich zwei Mal verliehen wird, steigere immerhin seine Chancen. Er signalisiert im Gespräch mit dem Teckboten auch schon seine Bereitschaft, den Preis anzunehmen: „Marcel Reich-Ranicki hat mich damals zwar sehr beeindruckt, als er den Deutschen Fernsehpreis abgelehnt hat. Aber ich persönlich würde den Nobelpreis durchaus annehmen.“ Die passende Begründung schiebt er nach: „Das Preisgeld sollte ich mir nicht entgehen lassen. Sonst droht mir die Ausbürgerung - wegen unschwäbischer Umtriebe.“
Erste Reaktion: „Au no dees“
Auf die Nachricht vom möglichen Nobelpreis reagierte Bernd Merkle, indem er seine Buchtitel zitierte. Zunächst schwankte seine Gemütslage zwischen „Au no dees“ und „So ein Lebdag“. Dann folgten Zweifel und Staunen: „Mr sodds et glauba“ - „Sacha gibts“. Inzwischen überwiegt jedoch die Vorfreude auf die Preisverleihung in Stockholm: „Isch des schee!“
Wie kommt Bernd Merkle überhaupt in den Kandidatenkreis für den Literaturnobelpreis? „Da kann ich nur spekulieren. Eine Zeit lang schien es ja von Vorteil zu sein, in einer Sprache zu schreiben, die kaum jemand versteht, die vielleicht sogar vom Aussterben bedroht ist.“ Der langjährige Rektor der Grund- und Hauptschule in Zell unter Aichelberg hat sich schon intensiv mit seinen nobel-würdigen Vorgängern beschäftigt. Diese hatten unter anderem in folgenden Sprachen geschrieben: Provenzalisch, Finnisch, Isländisch, Hebräisch, Jiddisch, Tschechisch oder auch Ungarisch.
Jetzt kommt also Schwäbisch dazu. Und da kennt sich Bernd Merkle besonders gut aus, hatte er doch bereits 2008 einen der bedeutendsten Literaturpreise überhaupt gewonnen: den Sebastian-Blau-Preis. Die Kampagne des Ministerpräsidenten fürs Schwäbische unterstützt er voll und ganz: „Dem Winfried Kretschmann traue ich ja alles zu“, sagt er. „Wer weiß schon, wie weit sein Einfluss reicht?“ Möglicherweise bis hinein in die „Svenska Akademien“, die den Literaturnobelpreis vergibt und die sich nach ihrer Krise jetzt neu zusammenraufen muss. Aufzuarbeiten gibt es in dem Gremium sicher noch vieles - unter anderem wohl die Tatsache, dass jetzt bereits der Name Bernd Merkle durchgesickert ist.
Dass sein Œuvre eher schmal ist und dass auch eine literarisch-kritische Gesamtausgabe, die jetzt geradezu zwangsläufig ansteht, kaum einen ganzen Regalmeter füllen dürfte, sieht Bernd Merkle nicht als Nachteil: „Mir geht es ja um die Pointierung, um die Zuspitzung. Deswegen habe ich mich auf Anekdoten fokussiert, auf Aphorismen, dazu auf eher knappe lyrische Ergüsse.“ Selbst den Begriff „Kurzgeschichte“ definiert er vor allem durch den ersten Wortbestandteil: „kurz“. Alles andere wäre ja nicht mehr Schwäbisch. „Nix g’sagt isch oft scho gnug g’schwätzt“, meint er augenzwinkernd und erinnert an einen weiteren seiner Buchtitel: „So semmer hald“.
Die Kritik, dass häufig mittelmäßige Autoren den Nobelpreis erhalten, lässt ihn kalt. Vor allem den Preisträger von 1953, Winston Churchill, verteidigt er. „Dessen historische Werke haben mich immer schon schwer beeindruckt.“ Auch die Begründung für die Vergabe des Preises an Churchill hat es ihm angetan: „Für seine Meisterschaft in der historischen und biographischen Darstellung sowie für die glänzende Redekunst, mit welcher er als Verteidiger von höchsten menschlichen Werten hervortritt“, heißt es da.
Eintreten für die Kehrwoche
Ähnliches nimmt Bernd Merkle auch für sich selbst in Anspruch. Durch sein Eintreten für die Kehrwoche sieht er sich gleichfalls als „Verteidiger von höchsten menschlichen Werten“. Die Begründung für seinen eigenen Nobelpreis hat er ohnehin längst mustergültig vorformuliert, auf seiner Homepage: „Feinfühlig beginnt er die Eigenheiten und Eigenarten der Schwaben auf humorvoll lächelnde oder satirisch pointierte Weise zu schildern. Man taumelt gleichsam durch ein schwäbisches Panoptikum, entdeckt viele gute Bekannte und begegnet, ob es einem passt oder nicht, am laufenden Band sich selbst.“