Es ist ein Sommertag Ende August, als Hermann R. (Name geändert) Kot auf dem Dachboden seines Hauses entdeckt. R. ist 83 Jahre alt, lebt im Verbreitungsgebiet des Teckboten und erzählt diese Geschichte, um andere zu warnen. Sein richtiger Name soll jedoch nicht in der Zeitung erscheinen. Im Internet macht der Ruheständler sich auf die Suche nach einem Unternehmen, das Schädlinge vergrämt, und stößt auf „Hausmeister Service 24/H T.H“ in Nürtingen. Ein Mitarbeiter des Unternehmens lässt sich ein Foto der Exkremente schicken und stellt eine Ferndiagnose: Marderkot.
Wenn es um eine sofortige Bezahlung geht und Druck ausgeübt wird, darf man die Polizei anrufen.
Martin Raff, Polizeipräsidium Reutlingen
Noch am selben Tag kommen zwei Männer vorbei. Verdacht schöpft R. zunächst nicht. „Die beiden kamen ziemlich professionell daher“, erinnert er sich. Sie beseitigen den Kot, installieren ein Ultraschall-Gerät, das den Marder vertreiben soll, und versprühen Geraniol. Außerdem entfernen sie fünf Wespennester. „Die beiden waren eine gute Stunde da“, sagt R..
Dann geht es ans Bezahlen: 2565,64 Euro verlangen die Handwerker für ihre Arbeit und für die verbrauchten oder installierten Materialien. Die Rechnung liegt dem Teckboten vor. Weil Wochenende ist, seien Aufschläge fällig. Hermann R. zahlt an der Haustür mit EC-Karte – etwas, das er heute bereut. „Der Betrag war natürlich viel zu hoch“, sagt er im Rückblick. Für das Marder-Ultraschall-Gerät sind auf der Rechnung, die er erhalten hat, 379 Euro ausgewiesen. „Im Internet bekommt man das für 30 Euro“, weiß der 83-Jährige heute. Für das versprühte Geraniol sind pro laufendem Meter 99 Euro angegeben, insgesamt 693 Euro. Ein absoluter Mondpreis.
Dass er betrogen worden sein könnte, schwant Hermann R. erst, als die beiden schon wieder weg sind. „Direkt am Montag habe ich bei der Polizei angerufen“, sagt er. Mittlerweile hat er Strafanzeige erstattet. Auch mit einem Rechtsanwalt hat er sich beraten und selbst Recherchen angestellt. Die Internetseite, über die er die Marder-Vergrämung gefunden hatte, gibt es nicht mehr. Ein Mitarbeiter, der bei R. zu Hause war, war zunächst noch per Handy erreichbar. Jetzt geht niemand mehr ans Telefon. Er checkt auch die Adresse, die auf der Rechnung steht: „Hausmeister Service 24/H T.H“, mit Sitz in Essen, nicht in Nürtingen. „Dort ist aber kein Gewerbe angemeldet“, sagt R.. Auch seine Mails kommen wieder zurück.
Für den 83-Jährigen ist klar, dass er Opfer von Betrug geworden ist. Er würde sich wünschen, dass anderen diese Erfahrung erspart bleibt.
Wie viel eine Dienstleistung kosten darf, rechnet die Verbraucherzentrale auf ihrer Homepage vor unter www.verbraucherzentrale.de/handwerker.
Wie man sich schützen kann
Für die Polizei in Reutlingen sind solche Geschichten leider nichts Neues. In Kirchheim und Umgebung hat es in diesem Jahr schon einige ähnliche Fälle gegeben. „Das geht von der angeblichen Schädlingsbekämpfung über den Schlüsseldienst bis hin zu Sanitär-Leistungen. In allen Fällen sind wir danach verständigt worden, weil die Rechnung den Leuten zu hoch vorkam“, sagt Martin Raff vom Polizeipräsidium Reutlingen, ohne den laufenden Ermittlungen im konkreten Fall vorgreifen zu wollen. Er spricht im laufenden Jahr von einer einstelligen Zahl.
Die Polizeiliche Kriminalprävention hat auf ihrer Homepage einige Tipps zusammengestellt, die davor schützen sollen, Opfer von Betrügern zu werden. Geraten wird, nach bekannten Fachbetrieben vor Ort zu schauen und vorab über die Kosten zu sprechen. Kunden sollten misstrauisch werden, wenn an der Haustür oder nur in bar bezahlt werden soll, und auf eine rechtskonforme Rechnung mit Firmenangabe, Steuernummer und Rechnungsnummer beharren. „Wenn es um eine sofortige Bezahlung geht und Druck ausgeübt wird, darf man natürlich auch die Polizei anrufen“, sagt Martin Raff. Die Beamten könnten dann vor Ort für Klärung sorgen.
Die Polizeiliche Kriminalprävention rät außerdem, sich schon bei der Handwerkersuche die Internetseite der Firma genauer anzuschauen. „Die Toptreffer in der Suchmaschinenanzeige sind kein Garant für einen zuverlässigen Dienstleister“, heißt es dort. Hinweise auf einen unseriösen Anbieter könnten beispielsweise das Fehlen eines Impressums oder viele identische Seiten einer Firma mit unterschiedlichen Ortsangaben sein.

