Kirchheim
Bierpreise in Kirchheim: Die Halbe kratzt an der 5-Euro-Marke

Gastronomie Einer hat sie passiert, die anderen wehren sich noch gegen die Schallmauer: Bier wird auch in Kirchheim teurer, aus mehreren Gründen. Von Thomas Zapp​

Es hat lang auf sich warten lassen, das richtige Wetter für die erste Halbe im Freien. „Die ersten zwei Biergartenmonate sind ausgefallen“, stellt Kirchheims Waldhorn-Wirt Robert Ruthenberg fest. Damit nicht genug: Die Einkaufspreise der Gastronomen sind deutlich gestiegen, auch und vor allem für das Bier. „Mittelfristig wird es die Halbe nicht mehr unter fünf Euro geben“, sagt Ruthenberg.

 

Ich kann mich an 5,80 Mark für ein Weizen Anfang 2000 erinnern. Das wären heute 5,80 Euro.
Robert Ruthenberg
meint, dass Bier nicht immer billiger war.

 

Durch die exponierte Lage und die höheren Kosten seines „Holz und Feuer“ bezeichnet er sich selbst als Vorreiter in Sachen Preispolitik: Mit 5,20 Euro für 0,5 Liter Gerstensaft hat er als Erster die Schallmauer durchbrochen.

Auch Bierbrauer Michael Attinger hatte keine Wahl: Zehn Prozent mehr muss er nun für seine Biere Pilsener Rotblond, das Hefeweizen, Schwarzbier, dunkles Export und Jubiläumsbier im Vergleich zum Vorjahr nehmen. Mit der Erhöhung liegt der Betreiber der Kirchheimer „Stiftsscheuer“ am Platz der kleinen Freiheit mit seinem Preis bei fünf Euro für den halben Liter.

Der Hauptgrund dafür ist schnell genannt: „Vornehmlich Energie.“ Während die landwirtschaftlich erzeugten Zutaten Hopfen und Gerstenmalz immer noch relativ günstig sind, verursacht das Kochen und Kühlen seiner 300-Liter-Sude hohe Kosten, denn seine strombetriebene Anlage zieht rund 30 Kilowatt, wenn sie läuft. Immerhin kann der Gastronom sich den Kauf und das Abfüllen der Flaschen sparen: Sein Bier gibt es nur im Ausschank – die steigenden Preise für Glas muss er nicht kompensieren.

Für den Weilheimer Brauerkollegen Daniel Singh kam die Erhöhung der Flaschen-, Etikett- und Kronkorkenpreise noch „on top“ zur Verdreifachung seines Strompreises für die Brauanlage. „Die Flaschenpreise sind im vergangenen Jahr von 15 auf 25 Cent gestiegen und haben sich dieses Jahr wieder etwas erholt und sind auf 20 Cent gefallen. Aber das sind immer noch fünf Cent mehr“, sagt Singh. Die Etiketten würden wegen der Erhöhung der Papierpreise ebenfalls fast das Doppelte kosten. Hinzu kommt noch die Erhöhung der Getreidepreise durch die Ukraine-Krise, welche auch die Bierbrauer voll treffen – schließlich ist das Gerstenmalz zentraler Bestandteil des Getränks. 

Nur auf Festen die Preise erhöht

Dennoch sind die Preise für eine Flasche „Singh-Bräu“ im Verkauf ab Brauerei gleich geblieben, auch wenn sie eigentlich teurer sein müssten. Doch seine treuen Kunden will das junge Unternehmen nicht belasten. Für die Gastro habe man nur die Mindestbestellmenge erhöht, um Fahrtkosten einsparen zu können. Es ist eine Art Quersubvention, denn erhöht wurde der Bierpreis lediglich auf Festen, wo 0,3 Liter nun statt drei nun 3,80 Euro kostet und die Halbe von vier auf 4,80 Euro gestiegen ist. „Da sind ja auch noch die Standgebühren gestiegen“, sagt er.

Damit stemmt sich der Start-up-Unternehmer immer noch gegen den Trend, denn die Gastronomen zahlen bei großen Marken schon mehr. Thomas Heidkamp, Inhaber des Bistro 93 und „Hallenwirt“ der Jesinger Gemeindehalle, muss seit Januar zwischen acht und zehn Prozent mehr für die Bierflaschen im Einkauf auf den Tisch legen. Hinzu kommt: Bier ist nicht das Einzige, was teurer geworden ist. Im Vergleich zum März 2022 kostet die Papierrolle für die Kasse 32,5 Prozent mehr. Im Bistro kostet das Bier aktuell 3,90 Euro für den halben Liter aus der Flasche, vom Fass 4,30 Euro. „Fassbier ist hoch gegangen, alles andere ist geblieben“, sagt der Gastwirt.

„Noch“, muss er hinzufügen, denn die Preise gäben die gestiegenen Kosten längst nicht mehr wieder. „Das geht nur durch höheren Absatz“, sagt der Wirt, der mit dem Biergarten an der Jesinger Halle derzeit den Ausschank erhöht hat. Er geht jedoch davon aus, im Herbst die Preise erhöhen zu müssen. „Die kratzen an der Fünf-Euro-Marke“, sagt er.

Diese Marke versucht Gunnar Stahlberg in der Kirchheimer Innenstadt mit seinem „Herr Kokoschinski“ und der „Wunderbar“ möglichst lange zu unterbieten. Vor vier Monaten ging er für die Halbe auf 4,80 Euro, egal ob gezapft oder aus der Flasche, nachdem seine Einkaufspreise kontinuierlich gestiegen sind. Nun hat er den Lieferanten gewechselt und nimmt Rabatte mit: „Da kommt es auf jeden Cent an.“ Denn auch für ihn gilt: Die Gehälter sind gestiegen, Wareneinkauf wird teurer und die Energiepreise sind eine Wundertüte. Nachdem sich die Strompreise etwas normalisiert haben, hofft Stahlberg auf Normalisierung. Immerhin gibt es auch gute Nachrichten: Das Wetter spielt gerade wieder mit und macht Lust auf mehr als ein Glas kühlen Gerstensafts.