Kirchheim
Bläserklänge ersetzen die Alt-Stimme

Konzert Unter dem Motto „Klanglandschaften-Landschaftsklänge“ stellte das Orchester der Volkshochschule Kirchheim in der Stadthalle Landschaftsbeschreibungen romantischer Komponisten vor. Von Rainer Kellmayer

Das Sinfoniekonzert des Orchesters der Volkshochschule stand zunächst unter keinem guten Stern: Zu Beginn gab Dirigent Siegfried Hartauer bekannt, dass die Altistin Cecilia Tempesta, die solistisch wesentliche Teile des Programmes hätte bestreiten sollen, erkrankt war. Doch man machte aus der Not eine Tugend, stellte das Programm um und besetzte die Gesangsstimme teilweise instrumental. Es erwies sich als Glücksfall, dass man mit der Oboistin Hanna Seiz eine Musikerin in den eigenen Reihen hat, die auch das Englischhorn meisterhaft beherrscht. Damit bereicherten dunkle Bläserklänge Edward Elgars „Sea Pictures“ mit einer völlig neuen Klangfarbe: Die weichen, von Seiz spannungsvoll gezogenen Bögen ersetzten die Gesangsstimme derart adäquat, dass man den vokalen Einsatz keine Sekunde vermisste. Das wäre freilich nicht möglich gewesen, wenn sich Hanna Seiz nicht mit modulationsfähigem Ton profiliert und ihren Part mit tief empfundener Musikalität gestaltet hätte.

Das Adagietto aus Gustav Mahlers fünfter Sinfonie wurde als Filmmusik in Luchino Viscontis Klassiker „Tod in Venedig“ von 1971 breiteren Schichten bekannt. Spekulationen um biografische Verstrickungen beförderten die Überhöhung: Mahler soll diese Musik nach seiner größten Lebenskrise als Liebeserklärung an seine spätere Frau Alma geschrieben haben. Legenden hin oder her - das nur mit Harfe und Streichern besetzte Adagietto ist eine tief ins Herz gehende Musik voller Emotionen: sphärische, völlig entrückte Klänge, die die Morbidität des Fin de Siècle vorausahnen lassen. Sensibel und mit Sinn für delikate Klangformung setzte das Orchester Mahlers Partitur um, dynamisch differenziert und spannungsvoll in der Phrasierung. Dabei war neben der atmosphärischen Zeichnung ein übergeordneter Spannungsbogen gestalterisches Prinzip, welcher der Musik den Rahmen gab und das Ganze zur harmonischen Einheit fügte.

Mit seiner „Karelia-Suite“, einer Zusammenfassung seiner gesamten karelischen Musik, setzte der finnische Komponist Jean Sibelius der Landschaft im Süden seines Heimatlandes ein Denkmal in Tönen. Einprägsame Melodien und rhythmische Zugkraft bestimmen die Szenen, und die Verarbeitung volkstümlicher Musik würzt die Satzfolge mit Feuer. Die Begeisterung der Instrumentalisten für diese Musik war deutlich zu spüren: Von Siegfried Hartauer mächtig angefeuert, gelang eine Wiedergabe, differenziert in der Färbung der einzelnen Sätze, dynamisch ausgeleuchtet und schwungvoll umgesetzt.

Eigentlich war „Nimrod“, der neunte Abschnitt aus Edward Elgars bekannten Enigma-Variationen, als Zugabe gedacht gewesen. Doch im Zuge der Umstellungen setzte Siegfried Hartauer den Satz an den Konzertbeginn. Da das Orchester nach Konzertende vom Publikum mit Beifall geradezu überschüttet wurde, gab‘s den „Nimrod“ nochmal als Zugabe - eine hymnische Variation, dynamisch spannungsvoll aufgebaut und klangschön umgesetzt.