Kirchheim
Blues-Musiker Bad Temper Joe: „Ich gehe meinen eigenen Weg“

Musik Der vielfach ausgezeichnete Blues-Musiker Bad Temper Joe gastiert mit seinem Quartett am kommenden Samstag in der Bastion. Vorab stellte er sich einem Interview. Von Thorsten Hengst

Bad Temper Joe liebt den klassischen Delta-Blues, wie er vor rund 100 Jahren auf und neben den Baumwollfeldern der amerikanischen Südstaaten erfunden wurde. Nicht wenige seiner Fans verorten dieses Delta, das ursprünglich den Mississippi meint, gleich ganz nach Ostwestfalen. Dort ist der junge Bluesmann zu Hause und dort im heimischen Bielefeld hat er auch seinen ganz besonderen Stil entwickelt und perfektioniert. Das bringt dem aktuellen Preisträger der German Blues Challenge nicht nur hierzulande viele Freunde ein, sondern sorgt auch international für Aufsehen: So erreichte er 2020 als einziger Europäer das Finale der International Blues Challenge in Memphis. Wie gereift der Bluesbarde seinen Stil verfeinert hat, dokumentiert sein aktuelles Album „Glitter & Blues“, das stärker die akustische Seite des Musikers offenbart als noch beim Vorgänger-Werk „One Can Wreck It All“. Derzeit ist der Bielefelder in Deutschland und Europa unterwegs und gastiert mit seinem Quartett am Samstag, 23. September, ab 20.30 Uhr im Kirchheimer Club Bastion.

Ihr neues Album heißt „Glitter & Blues“. Wofür steht der Titel?

Bad Temper Joe „Glitter & Blues“ steht für das, was die Hörer sich darunter vorstellen und welche Bilder in ihren Köpfen entstehen. Ist es Feuer und Wasser – zwei Kräfte, die unvereinbar sind? Es mag auch andere Einschätzungen geben – ich gebe keine Bedeutung vor. Es geht bei Liedern darum, seine eigene Geschichte zu erleben. Was das Titellied an sich angeht, war es bereits geschrieben, bevor ich den Wunsch hatte ein neues Album zu produzieren.

Wer steckt hinter dem swingenden „Pink Panther“?

Joe Das Lied besingt nicht nur den rosaroten Panther, wobei die erste Strophe schon eine Anlehnung an die Filme von Regisseur Blake Edwards ist. Es tauchen aber auch noch andere Figuren in den Strophen auf, die eine gewisse Bekanntheit haben dürften.

Und wem ist der „Long Gone Friend Blues“ gewidmet?

Den „Long Gone Friend Blues“ habe ich während meiner USA-Reise in Apartments in Washington und Memphis geschrieben. Draußen war es bitterkalt und die Heizung musste im Zimmer schwer arbeiten. Das Lied ist inspiriert durch die Städte – samt ihrer Einsamkeit und Umgebung.

Wo finden Sie generell Ihre Geschichten?

Die Geschichten finden sich immer – zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die Inspiration ist in jeder Kleinigkeit versteckt. Es geht aus meiner Sicht nicht primär darum, warum jemand ein Lied geschrieben hat, sondern was es mit den Hörern macht und welche Erinnerungen, Erlebnisse, Gedanken und Gefühle es in ihnen auslöst.

Sie texten und singen Ihre Lieder in englischer Sprache. Könnten Sie sich auch vorstellen, Songs mit deutschen Texte zu schreiben?

Nein, meine musikalische Erziehung beruht auf englischsprachiger Kultur und meine eigene Diskografie enthält nur Stücke in englischer Sprache. Es gibt nur wenige Künstler, die sich der deutschen Sprache bedienen, die regelmäßig auf meinem Plattenteller landen.

Sie kommen gebürtig aus Bielefeld. Was verbindet Sie mit der Stadt?

Bielefeld ist der Ort, wo alles begann. Auch wenn ich zu manchen Zeiten die Stadt gefühlt öfter verlassen habe, als dass ich zurückkehrt bin, ist Bielefeld natürlich ein Ankerpunkt für mich und damit meine Heimat.

Hatten Sie als Kind so etwas wie ein „musikalisches Erweckungserlebnis“?

Nein, ich kann mich nicht wirklich daran erinnern, was mich am Gitarrenspiel fasziniert hat. Aber das Singen wie auch das Spielen eines Instruments gehören schon lange zu meinem Leben. Mein Gesang war früher alles andere als schön. Doch ich bin dabeigeblieben und es führte dazu, dass ich meine ers­ten Lieder geschrieben habe und auf einer Bühne stand.

Und wann hat Sie der Blues gepackt?

Als ich begann, mich mit der elektrischen Gitarre zu beschäftigen, war es ein Album von B. B. King, das mich zum Blues brachte. Ich war vielleicht 15 oder 16 Jahre alt. Davor waren Johnny Cash oder Bob Dylan wichtige Begleiter. Durch meinen ers­ten Besuch in Memphis konnte ich tiefer in den Blues eintauchen. Ich bilde mir ein, ihn jetzt anders zu begreifen. Wenn ich zum Beispiel Lightnin’ Hopkins singen höre „I woke up this morning“, packt mich der Blues jedes Mal erneut. Niemand kann das so perfekt singen wie Lightnin’ Hopkins.

Wann reifte die Entscheidung, die Musik zum Beruf zu machen?

Ich hatte keine andere Wahl. Es ist das, was mich auszeichnet und was ich machen möchte.

Sie sind Preisträger der „German Blues Challenge“. Wie geehrt fühlen Sie sich?

Solche Auszeichnungen sind nötig, um einem noch größeren Publikum bekannt zu werden. Ich hoffe, dass so mehr Menschen auf meine Musik aufmerksam werden und gefallen an ihr finden. Am Ende schreibe ich die Lieder ja nicht für mich, sondern für das Publikum.

Bei der „International Blues Challenge“ 2020 in Memphis zogen Sie als einziger Europäer überhaupt ins Finale ein. Wie haben Sie das geschafft?

Ich habe in Memphis nur getan, was ich immer tue: auf der Bühne gestanden und meine Lieder gespielt. Das hat dem Publikum dort wohl gefallen. Es war eine inspirierende Reise. Ohne die Zeit in Memphis hätte ich die letzten beiden Alben so nicht geschrieben.

Seit dem Erfolg singt die Blues-Presse Lobeshymnen auf Sie und verfrachtet das Mississippi-Delta nach Ostwestfalen. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolges?

Vielleicht erkennen einige Experten in meinen Liedern dasjenige, was sie in den alten Aufnahmen aus dem Mississippi-Delta finden. Ich hatte nie den Anspruch, die Größen des Blues zu kopieren, sondern gehe meinen Weg. Dabei lasse ich mich zwar von ihren Liedern inspirieren, schreibe basierend darauf aber meine eigenen Geschichten. Es ist wohl ein gewisser Charme, der meine Musik ausmacht. Was genau es ist, kann ich nicht benennen.

Letzte Frage: Was darf man nun auf der Bühne von Ihnen erwarten?

Die Bühne ist der Ort, wo ich glücklich bin und an dem man sein kann, wer man möchte. Dabei ist jeder Abend anders, und natürlich funktioniert das alles nur, wenn sich auch das Publikum darauf einlässt.

 

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