Immer dramatischer spitzt sich derzeit die Flüchtlingslage zu – nicht ausschließlich, aber doch überwiegend wegen des Kriegs in der Ukraine. Auch in Kirchheim bedeutet das, dass die Stadtverwaltung neue Mittel und Wege finden muss, um Unterkünfte für alle Personen bereitstellen können, die sie vom
Landkreis zugewiesen bekommt. Aktuell seien 426 ukrainische Flüchtlinge in Kirchheim untergebracht, berichtete Oberbürgermeister Pascal Bader nun im Gemeinderat. Stand Ende August stünden noch 140 Zuweisungen aus. Mit weiteren 70 sei bis Ende des Jahres zu rechnen.
„Es ist allerdings extrem schwer, verlässliche Vorhersagen zu treffen, weil sich die Situation laufend ändert“, führte Pascal Bader weiter aus. Aber selbst wenn es bei den 210 Personen bis Jahresende bleiben sollte, steht jetzt bereits fest, dass die Stadt handeln muss: „Wir haben aktuell noch Platz für 110 bis 120 Menschen. Das wird also nicht ausreichen.“
Was tun? Städte und Gemeinden sind verpflichtet, ihre Quoten zu erfüllen. Bei den derzeit 426 Menschen aus der Ukraine ging das noch verhältnismäßig gut. 178 von ihnen sind in Wohnungen untergekommen, die sich entweder im Eigentum der Stadt befinden oder aber von der Stadt angemietet sind. Weitere 171 wohnen in privaten Unterkünften. Die verbleibenden 77 sind vorerst in der vorläufigen Unterbringung versorgt. Die Stadt will weiterhin selbst Wohnraum anmieten, aber das allein löst das Problem nicht.
Die Lösungen sind dieselben, die der Landkreis bereits 2015 angewandt hat: Zum einen will die Stadt Container aufstellen, auf dem Güterbahnhofsgelände. Zum anderen bereitet sie sich konkret darauf vor, im Notfall eine Sporthalle umzufunktionieren. Sollte es ganz schnell gehen müssen, würde die Konrad-Widerholt-Halle den nötigen Wohnraum bieten: „Wir müssen einfach auf größere Zuweisungen vorbereitet sind. Die Schulleitungen sind informiert. Der Sportunterricht müsste dann in andere Hallen verlegt werden.“
Derzeit laufen die Vorbereitungen, um die KW-Halle jederzeit umrüsten zu können. Ein neuer Boden wäre nötig. Es bräuchte Trennelemente, um Einzelpersonen oder Familien einen Rest von Privatsphäre zu ermöglichen. Ebenso braucht es eine ausreichende Menge an Stromaggregaten oder auch an Waschmaschinen. Feldbetten sollen ebenfalls in der Halle lagern, um sie bei Bedarf sofort zur Hand zu haben.
Inzwischen sei weniger mit Frauen und Kindern zu rechnen, sondern mit immer mehr Alleinstehenden. Viele davon seien Männer, sagte der Oberbürgermeister. Das stellt ganz andere Anforderungen an die Unterkünfte. Aus diesem Grund plant die Stadt, auf dem Güterbahnhofsgelände – wo zu Beginn der Corona-Pandemie das Autokino aufgebaut worden war – ein Containerdorf zu bauen.
Details über die Anzahl der Container oder der Menschen, die sich darin unterbringen lassen, liegen derzeit noch nicht vor. Nur so viel: Die Fläche, auf denen die Container für die Anschlussunterbringung aufgestellt werden sollen, beträgt etwas mehr als 3 000 Quadratmeter. Jeweils zwei Personen sollen sich eine Unterkunft nebst Miniküche teilen. Sanitäranlagen sowie Wasch- und Trockenräume werden gemeinschaftlich genutzt, ebenso wie die größeren Aufenthaltsräume.
Ein halbes Jahr Vorlaufzeit
Die Container haben den Vorteil, dass sie sich ziemlich rasch aufstellen lassen. Pascal Bader nennt einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr, bis das neue Dorf am Bahnhof bezugsfertig sein könnte. Billig wird die Sache trotzdem nicht: Der Gemeinderat hat nicht nur die Ausschreibung für die Container nahezu einstimmig beschlossen, sondern auch eine außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von sechs Millionen Euro.
Die Frage von Linken-Stadtrat Heinrich Brinker, ob die Stadt nicht auf leerstehende Wohnungen zugreifen könnte, beantwortete der Erste Bürgermeister Günter Riemer: „Wir haben das Gespräch mit den Investoren gesucht, die Neubauten erstellt haben. In einem Fall warten wir noch auf Antwort. Im anderen Fall hieß es, die Wohnungen werden bis Ende des Jahre sukzessive vermietet.“ Durch eine Fehlbelegungsabgabe für geförderten Wohnraum, der falsch genutzt wird, lasse sich für die Akquise von zusätzlichem Wohnraum nichts erreichen. Das habe die Erfahrung gelehrt.