Kirchheim
Crocodile Dundeele

Randnotiz: Fachwerkstadt, Marktstadt, Fliegerstadt. Unter diesen Etiketten ist Kirchheim in der Region bekannt, mit diesen Beschreibungen wirbt die Stadt selbst für sich. Doch das ist Schnee von gestern. Heute ist Kirchheim Crocodile-Town. Daran gibt‘s nichts zu deuteln seit aufsehenerregenden Alligator-Sichtungen im Bürgersee. Die verbreiteten sich wie ein Lauffeuer bis in die Süddeutsche Zeitung, ins ZDF und darüber hinaus. Die vermeintlichen Krokodile haben sich zwar als Ente erwiesen - im übertragenen Sinn. Dennoch gehört der Begriff Krokodil jetzt landauf, landab zu Kirchheim wie eben die Enten in den Bürgersee.

Dagegen anzugehen, nutzt gar nichts. Im Gegenteil: Wer mit offenen Augen durch Kirchheim geht, stößt verblüffend häufig auf Krokodile. Zum Beispiel derzeit an einem Verkaufszelt am Kirchheimer Marktplatz. Zwar versichert der Inhaber, keine Hintergedanken gehabt zu haben, sondern schon seit Jahren mit dem Kinderlied „Schni-schna-schnappi“ und dem knuddeligen Reptil für seinen Schnäppchenmarkt zu werben. - Alles Fake, denkt da der aufgeklärte Zeitgenosse, kann ja jeder sagen. Und überhaupt, was ist denn da hinterm Postplatz? Richtig, schon wieder ein Krokodil, ein Club, kurz „Kroko“, der seit den 70ern diesen Namen trägt.

Irgendwie war also Kirchheim wohl schon immer Crocodile Town. Das erklärt vielleicht den überaus professionellen Umgang der Stadtverwaltung mit dem Thema Krokodil: Ob auf Filstalwelle oder Landesschau, - allerorten präsentieren Bürgermeister oder Amtsleiter aus dem Kirchheimer Rathaus mit größtmöglicher Seriosität und hoher Fachkenntnis die neuesten News aus dem Bürgersee. Auch die Bevölkerung gibt alles: Todesmutige Taucher und waghalsige Tierexperten machen sich persönlich auf die Suche, gelassene Senioren, die kein Alligator aus der Ruhe zu bringen vermag, fachsimpeln am Bürgersee-Kiosk.

Klarer Fall: In jedem Kirchheimer steckt ein Crocodile Dundeele. Irene Strifler