Der Bund der Selbständigen, kurz „BDS“, hatte in den Henninger- Saal in die Kirchheimer Kreissparkasse geladen. Nach einem Grußwort von Oberbügermeister Dr. Pascal Bader bildete der Vortrag von Dr. Michael Müller den Höhepunkt des Abends. Müller ist waschechter Kirchheimer, hier aufgewachsen und zur Schule gegangen und heute noch beruflich mit der Stadt verwurzelt ist.
Bei seinem Vortrag flackerte im Hintergrund bedrohlich auf einer „Fireeye Cyber Threat Map“ eine Live- Demonstration von Warnmeldungen, ausgehend von internationalen Servern – ein kleiner Einblick über eine große Gefahr. Schließlich handelt es sich um über 500 000 Cyberangriffe, die tagtäglich rund um den Globus stattfinden.
Die Cyberkriminalität habe in den vergangenen Jahren massiv zugenommen, konstatierte Müller, belegt durch Studien, und sei die Nummer eins in der Gefährdung, was zum Teil noch nicht in das Bewusstsein der Menschen vorgedrungen sei, so der Fachmann. Es beträfe sowohl Kommunen, Bund und Länder als auch Unternehmen und Privatpersonen gleichermaßen. 2021 habe es mehr als 120 000 gemeldeter Fälle und mehr als 20 Millionen Menschen seien Opfer eines Angriffs geworden.
Dabei würden, so Müller, die Täter immer geschickter vorgehen und eigneten sich im sogenannten „Spoofing“ eine fremde Identität an. Dr. Michael Müller selbst habe als Betroffener mit seiner Unternehmensberatung 65 Tausend Euro verloren, weil sich Hacker bei einem Kunden in Tel Aviv seiner Identität bemächtigt hatten. Für gewiefte Hacker gebe es eine große Spannbreite an Möglichkeiten, um Schaden anzurichten. Geeignet seien die klassischen IT- Bereiche, Software, Laptop, Server und Clouds.
Auch die Infrastruktur von Gebäuden wie Smart Homes und vernetzte Produkte seien gefährdet. Auch Authentifizierungsverfahren, Systeme zur „Iriserkennung“ im Auge, zur Fingerabdruckerkennung oder Körperscanner, vernetzte medizinische Geräte, Herzschrittmacher, Insulinpumpen oder Dinge aus dem alltäglichen Leben wie Smart Watches, und Kühlschränke gehörten dazu. Daten zum Ausspähen und Auslesen gebe es überall, und lahmgelegt werden könne nahezu alles.
Erpressung geht oft weiter
Für Unternehmen sei es nach Einschätzung des Fachmanns besonders schwer, sich vor Cyberangriffen zu schützen. Hier gelte es besonders auf der Hut zu sein und sämtliche Verbindungen nach innen und außen zu schützen. Sowohl aktuelle als auch entlassene Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden, externe Mitarbeiter und konkurrierende Unternehmen hätten geeignetes Potential, Schaden anzurichten. „In den USA schaltete ein ehemaliger Mitarbeiter eines Flottenmanagements 35 000 Autos auf Hupen.“
Die Schäden durch Cyberangriffe auf Unternehmen gehe in den dreistelligen Milliardenbereich, werde oft nicht gleich erkannt und entstehe meist durch den Ausfall des IT- Systems. Das Darknet sei die Handelsplattform der gestohlenen Daten. „Selbst wenn die Unternehmen überweisen, heißt das nicht, dass die Erpressung aufhört“. Nicht nur der Datenklau sei das Problem, sondern auch das „Spoofing“, bei dem der ahnungslose Mitarbeiter im Rechnungswesen das Geld auf ein fingiertes Konto überweise.
Der Vortrag von Dr. Michael Müller wirkte bei den Gästen nach und animierte bei Häppchen und Getränken miteinander ins Gespräch zu kommen.