Kirchheim
Das abrupte Ende der Förderung von Elektrofahrzeugen sorgt für Unverständnis

Umweltbonus Quasi über Nacht hat das Bundeswirtschaftsministerium die Subventionen für den Kauf eines Elektro-Autos gestrichen. Von Cornelia Wahl

Wie ein Tsunami überrollte am Samstag des dritten Advents-Wochenendes die Pressemeldung des Bundesminis­teriums für Wirtschaft und Klimaschutz Autohändler, -käufer und -hersteller damit, dass das Förderprogramm für Elektro-Autos mit Ablauf des Sonntags abrupt eingestellt wird. Der Bund der Selbständigen Baden-Württemberg mit seiner Präsidentin, der Kirchheimerin Bettina Schmauder, fordert deshalb, diese Entscheidung zu revidieren und den Stopp auf Ende Januar 2024 zu verschieben. Dabei ist es nicht einmal das Ende der Förderung selbst, das das Erdbeben entfacht hat.

 

Die allgemeine private Kaufzurückhaltung wird dadurch noch verstärkt.
Hansjörg Russ, Stellvertretender Obermeister der Kfz-Innung Nürtingen-Kirchheim

 

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt habe man damit gerechnet, dass die Subvention auslaufen würde. „Was uns jetzt aber wirklich auf die Palme bringt, ist die Kurzfristigkeit und das Gefühl fehlender Verlässlichkeit, das da bleibt“, sagt sie und spricht von einem „nachhaltigen Vertrauensverlust“. Das Handeln des Ministeriums habe keine Möglichkeit gelassen, noch irgendwie reagieren zu können. Denn der Umweltbonus für das E-Auto kann erst beantragt werden, wenn es zugelassen ist. Bei allem denkt sie besonders auch an die Leasing- oder Finanzierungskunden, die jetzt erst mal vor einem riesigen Problem stehen, weil sie diesen Betrag sehr häufig für die Anzahlung bei Finanzierung oder Leasing verwenden.

Hersteller wollen einspringen

Von den Auswirkungen sind nach Aussage von Carsten Beuß, Hauptgeschäftsführer des Verbands des Kfz-Gewerbes Baden-Württemberg, „derzeit deutschlandweit aktuell rund 60 000 Fahrzeuge betroffen“. Etwa die Hälfte davon würde bis Jahresende zur Auslieferung anstehen, die andere Hälfte im Frühjahr 2024. Die Welle der Empörung abmildern könnten die Ankündigungen vieler Hersteller, die vom Bund versprochene Umweltprämie zu übernehmen. Inzwischen passiere dies auf relativ breiter Front, „ganz oder teilweise und allerdings auch zu unterschiedlichen Konditionen“, wie Carsten Beuß sagt. Manche jedoch zieren sich noch. Und weiter: „Bei den meisten ist es im Moment so, dass sie davon sprechen, dass der Konzern sich daran beteiligt. Es gibt allerdings auch ein paar Hersteller, die eine Beteiligung des Handels einfordern, und das geht aus unserer Sicht gar nicht, weil natürlich eine solche Beteiligung im Regelfall oftmals die gesamte Marge des Händlers am Fahrzeug übersteigt.“

Kunden, die knapp rechnen und versuchen, irgendwie aus dem Vertrag rauszukommen und zu welchen Konditionen, denen macht Carsten Beuß keine gro­ßen Hoffnungen. „Das wird in den meisten Fällen nicht möglich sein, weil es sich um rechtsgültige Verträge handelt. Wir hoffen, dass wir das mithilfe der Hersteller gelöst bekommen, dass keiner versuchen muss, aus dem Vertrag rauszukommen.“ Streng juristisch gesehen müsste ein Kunde, der das Auto nicht abnimmt, einen pauschalierten Schadenersatz von 15 Prozent zahlen. Der Händler wolle den Kunden ja behalten, insofern werde man versuchen, „wenn der Hersteller da mitspielt, den Kunden zufriedenzustellen“.

Welche Auswirkungen das abrupte Ende der E-Auto-Umweltprämie auf den Handel hat, beschreibt Hansjörg Russ, stellvertretender Obermeister der Kfz-Innung Nürtingen-Kirchheim, so: „Die sowieso vorherrschende, allgemeine private Kaufzurückhaltung wird dadurch noch verstärkt. Viele Privatkunden können sich aus verschiedenen Gründen noch nicht mit E-Autos anfreunden. Die steigenden Zulassungszahlen dieser Fahrzeuge waren überwiegend von den staatlichen Prämien getrieben.“ Er geht zudem davon aus, dass sich Neuwagen-Kunden wieder mehr auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor konzentrieren werden. Die Ankündigung einiger Fahrzeughersteller, die ausgefallenen, staatlichen Prämien temporär zu übernehmen, „soll den Kunden vor allem die Unsicherheit bei bereits bestellten Neufahrzeugen nehmen, die noch nicht geliefert wurden. Der Ausgleich dieser Prämie durch die Hersteller soll jedoch auch Interessenten von E-Autos die Entscheidung erleichtern, ein neues E-Auto zu kaufen“, so Hansjörg Russ.

Ob die Hersteller 2024 nach dem Wegfall der Förderprämie mit Rabatten oder Preissenkungen locken, damit das eher noch unbeliebte E-Auto doch mehr Freunde findet, wird man sehen.

 

Das plötzliche Aus der Förderprämie kam für alle überraschend

In einer Mitteilung hat das Bundeswirtschaftsministerium am Samstag, den 16. Dezember, darüber informiert, dass die Förderprämie für Elektro-Autos nur noch bis Sonntag, den 17. Dezember, 24 Uhr, beantragt werden kann. Als Begründung wurden die Sparzwänge im Haushalt genannt. Wenige Tage zuvor hatten die Koalitionsspitzen in ihrer Einigung für den Haushalt 2024 beschlossen, die Förderung auslaufen zu lassen. Dass der Antragsstopp schon am 17. Dezember greift, war überraschend.
Auf der Internetseite des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ist zu lesen, dass bereits zugesagte Förderungen ausbezahlt werden. Anträge, die bis einschließlich 17. Dezember 2023 bei der BAFA eingegangen seien, würden in der Reihenfolge ihres Eingangs weiterbearbeitet und – sofern die Fördervoraussetzungen vorlägen – bewilligt.
In einer Zwischenbilanz des BAFA vom 1. Dezember 2023 zum Antragsstand Umweltbonus Elektromobilität ist zu ersehen, dass 2.233.702 Förderanträge gestellt wurden, darunter waren 1.428.243 für Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb. cw