Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Kirchheimer Umlandkommunen sind nicht gerade erfreut: Ihre Gemeinden sollen sich an der geplanten Generalsanierung des Ludwig-Uhland-Gymnasiums finanziell beteiligen – und auch das Schlossgymnasium soll noch folgen. Der Dettinger Gemeinderat hat deshalb – und auch, weil die Kreisumlage steigen soll – eine Erhöhung der Grundsteuerhebesätze und der Gewerbesteuer beschlossen (wir berichteten). Dettingens Rathauschef Rainer Haußmann, der in dieser Sache als Sprecher für die Umlandkommunen fungiert, kritisiert die Vorgehensweise der Stadt Kirchheim – vor allem, dass die Umlandgemeinden erst kurzfristig von der LUG-Sanierung und der finanziellen Beteiligung an den Baukosten, die auf 20 Millionen Euro geschätzt werden, erfahren hätten.
„Wenn man einen Konsens sucht, sollte man potenziellen Partnern zeitlich Luft lassen“, sagt Haußmann auf Nachfrage des Teckboten. Und genau das habe Kirchheim nicht gemacht: Im September hätten die Umlandgemeinden von der Stadt Kirchheim ein Schreiben erhalten, in dem sie aufgefordert worden seien, sich finanziell an der Sanierung zu beteiligen. Kirchheim um Oberbürgermeister Pascal Bader beruft sich dabei auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim (siehe Info). Aus der Presse habe man dann erfahren, dass schon im Herbst 2024 die Ausschreibung stattfinden und die Bauarbeiten Anfang 2025 beginnen sollen, ergänzt Haußmann. Die voraussichtlichen Kosten, die auf die einzelnen Umlandkommunen zukommen, seien in dem Schreiben nicht genannt worden. Die 2,6 Millionen Euro, die voraussichtlich auf Dettingen – die am stärksten betroffene Umlandgemeinde – entfallen, „haben wir selber ermittelt“, gibt Haußmann zu bedenken. Die Stadt Kirchheim habe also den Baustart ausgerufen, ohne den Umlandkommunen Zahlen zu nennen.
Bei diesem „schwierigen Thema“ und den hohen Summen, von denen die Rede ist, brauche man vor allem eines, betont Haußmann: ausreichend Zeit. Es gehe darum, die Finanzierung in den Haushalten der betroffenen Gemeinden darzustellen und eigene Fördermittel zu beantragen. Die Kommunen müssten ihrerseits Fördermittelanträge fristgerecht einreichen, sagt der Dettinger Bürgermeister. Mit den Baumaßnahmen dürfe erst begonnen werden, wenn eine Entscheidung über Fördermittel getroffen sei. „Das alles geht nicht im Hauruck-Verfahren. Wir brauchen Vorlauf.“ Den Umlandkommunen nach dem Motto „Jetzt ist es fünf vor zwölf“ die Pistole auf die Brust zu setzen, sei schlechter Stil. Haußmann wünscht sich stattdessen einen fairen Umgang miteinander und hat deshalb auch stellvertretend für die anderen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister einen Brief an OB Bader und Kirchheims Stadträte geschrieben. „Ich erwarte, dass man auf uns zukommt und dass wir uns gemeinsam an einen Tisch setzen.“ Die Sachlage müsse zunächst rechtlich eingeordnet und manches hinterfragt werden. Außerdem müsse gemeinsam ein realistischer Zeitplan gestrickt werden.
Haußmann verweist auf das VGH-Urteil, laut dem der Schulträger, also im Falle des LUG die Stadt Kirchheim, eine „Dringlichkeit“ nachweisen müsse. Das heißt: „Wer Geld von anderen will, muss den Nachweis erbringen, dass er es nicht alleine packt“, erklärt Haußmann. Dies sei rechtlich zu klären – ebenso das Thema Anteil der auswärtigen Schülerinnen und Schüler: Nach alter Rechtsprechung sei ein Anteil von mehr als 50 Prozent stets ein entscheidendes Kriterium dafür gewesen, dass sich die Umlandgemeinden finanziell beteiligen müssen.
Ein weiterer Punkt sei, dass die Landesregierung beschlossen habe, die Kostenrichtwerte im Rahmen der Schulbauförderung zu erhöhen. Kirchheim könne daher mit einem höheren Zuschuss für die Baumaßnahme vom Land rechnen. Das Land habe außerdem den Auswärtigenzuschlag erhöht. Darüber hinaus gebe es Zuschüsse für energetische Maßnahmen. „Es gibt also mehrere Fördertöpfe“, betont Haußmann. Dies alles müsse die Stadt Kirchheim anrechnen. „Wir Kommunen vertreten die Auffassung, dass die Große Kreisstadt Kirchheim über Jahrzehnte deutlich mehr Finanzzuweisungen erhalten hat, gerade weil sie zentrale Aufgaben wahrnimmt“, ergänzt Haußmann. Es stelle sich die Frage: „Muss man sich auch hier nicht etwas anrechnen lassen?“
Persönlich kommt für Haußmann noch hinzu: Das LUG ist jetzt 54 Jahre alt – „warum hat man die notwendigen Sanierungen nicht schon früher in mehreren Bauabschnitten vorgenommen?“ So hätte man Schadensminimierung betreiben können, auch um die Nachbarn nicht über Gebühr zu belasten in einer Zeit von „Inflation und Baupreisexplosion“.
Haußmann betont, dass die Umlandgemeinden einen Konsens anstreben und dass es dem Grunde nach auch angemessen sei, sich zu beteiligen. „Aber wir wollen eingebunden werden, Fragen klären, und wir verstehen nicht, warum der Prozess nicht früher begonnen wurde.“
Info: Erheblicher Anteil auswärtiger Kinder
Das VGH-Urteil, auf das die Stadt Kirchheim verweist, bezieht sich auf die Generalsanierung der Daniel-Straub-Realschule in Geislingen an der Steige (Kreis Göppingen). Die dortigen Umlandkommunen hatten sich gegen eine finanzielle Beteiligung gewehrt – jedoch erfolglos. Die Begründung: Die Schule wird auch „von einem erheblichen Anteil“ auswärtiger Kinder besucht. Entscheidend ist nach dem Urteil dabei eine „erhebliche bzw. wesentliche überörtliche Bedeutung“ der Schule. Wichtig ist laut Urteil außerdem ein „dringendes öffentliches Bedürfnis“: Voraussetzung für diese „Dringlichkeit“ ist, dass der Schulstandortgemeinde nicht zumutbar ist, die Lasten alleine zu tragen. In diesem Falle müssten sich die Umlandgemeinden „angemessen“ an den Kosten beteiligen – nach Abzug von Zuschüssen und eines Standortvorteils von fünf bis 15 Prozent der Gesamtbaukosten. hei
Wie Oberbürgermeister Bader reagiert
Der Teckbote hat Kirchheims OB Pascal Bader um eine Stellungnahme hinsichtlich der Kritik der Umlandbürgermeisterinnen und -bürgermeister gebeten. Seine Reaktion: „Ich kann nachvollziehen, dass die finanzielle Beteiligung der anderen Kommunen in Anbetracht der aktuell schwierigen Lage und der anderen kommunalen Aufgabenstellungen ein großer Kraftakt für alle darstellt“, betont der OB. Die Kritik am Vorgehen der Stadt Kirchheim sei jedoch nicht berechtigt, „da wir uns lediglich an dem höchstrichterlichen Beschluss des VGH Mannheim orientieren“. So betrage der Auswärtigenanteil sowohl beim LUG als auch beim Schlossgymnasium im Durchschnitt der vergangenen vier Schuljahre insgesamt 48 Prozent.
„Ich bin mir der Schwierigkeiten bewusst, die mit dieser interkommunalen Beteiligung verbunden sind“, verdeutlicht Bader. „Wir sehen uns als Schulträger jedoch verpflichtet, dieses Urteil umzusetzen und nicht auf die Zahlungen der Umlandgemeinden zu verzichten.“ Eine andere Lösung gebe es nur, „wenn die Zuschüsse für Schulsanierungen nach der Schulbauförderrichtlinie so angepasst werden, dass die Schulträger in gleicher Höhe gefördert werden, wie es dem VGH-Urteil entspricht“.
20 Millionen Euro soll die Sanierung des LUG voraussichtlich kosten. Wie berichtet, stehen der Stadt Kirchheim Zuschüsse von 1,5 Millionen Euro in Aussicht. Die verbleibenden 18,5 Millionen Euro sind nochmals um fünf Prozent zu verringern, sodass knapp 17,6 Millionen Euro verbleiben. Die Stadt Kirchheim rechnet mit einem finanziellen Anteil der Umlandkommunen in Höhe von insgesamt 8,1 Millionen Euro. hei