Generalsanierung
Das Kompostwerk bei Kirchheim wird saniert und umgebaut

Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Esslingen investiert rund 20 Millionen Euro. Das Werk bleibt ein Jahr lang außer Betrieb. Zuvor gibt es noch einen Tag der offenen Tür. 

Mit einem Bagger wird das angelieferte Material auf Förderbänder geladen. Fotos: Carsten Riedl

Das Kompostwerk des Landkreises Esslingen schließt demnächst seine Pforten – nicht auf Dauer, aber für rund ein Jahr. In Betrieb gegangen ist es 1996, wirtschaftlich hat es laut Michael Potthast, dem Geschäftsführer des landkreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB), seinen Zweck längst erfüllt. Nun steht eine umfangreiche Generalsanierung an. Zuvor besteht am Sonntag, 11. Mai, bei einem Tag der offenen Tür die Möglichkeit zu Einblicken in die Anlage, in der Bioabfall aus der Braunen Tonne und Grünschnitt zu Qualitätskompost verarbeitet wird.

Danach werde der Betrieb in dem Werk für die Umbauarbeiten stillgelegt, so Potthast. Mit dem Brand im Kompostwerk im November 2023 habe die Sanierung nichts zu tun, sie sei bereits seit Längerem in der Planung. Bei den Umbauarbeiten wird neueste Technik installiert. Bisher lagerten große Halden organischen Abfalls unter den Dächern der Rotthallen. Von zwei großen Baggern wurde dieser immer wieder umgeschichtet, belüftet und mit Feuchtigkeit angereichert, bis er sich innerhalb von rund sechs Wochen in einem biologischen Prozess in Kompost verwandelte. Die Bagger sind noch aus der Anfangszeit vor fast 30 Jahren.

Probleme bereiten immer wieder Fehlwürfe in der Biotonne, wie zum Beispiel in Kunststoff verpackter Abfall.

Michael Potthast, Geschäftsführer des Abfallwirtschaftsbetriebs im Landkreis Esslingen

Künftig wird das Material in Rottetunneln aus Beton eingebracht, 18 an der Zahl. In dem 30 Meter langen Tunnelsystem mit einem Durchmesser von fünf mal sechs Metern wird das Material dreimal umgesetzt und verrottet in verschiedenen biologischen Prozessen, wobei es immer wieder mit Wasser berieselt und mit Luft versetzt wird. Ähnlich wie beim Kompost in einem Hausgarten wird die optimale Temperatur von 70 Grad angestrebt, wobei Messpunkte in dem System anzeigen, mit welchen Maßnahmen automatisch nachgesteuert werden muss.

Die Abluft wird gefiltert

Vor allem in den Anfangsjahren des Kompostwerks war es ab und an zu Geruchsbelästigungen gekommen, auch weil das Material in relativ kurzer Zeit zu Kompost umgesetzt wird. Aktuell gebe es keine Beschwerden über Geruchsprobleme, versichert Potthast. Von der neuen Technik verspreche man sich auch in dieser Hinsicht weitere Vorteile. Die Luftzu- und -abfuhr sei einfacher zu regeln. Das beginne bereits bei der Halle, in der das Material angenommen wird. Sie ist durch eine Luftschleuse abgeriegelt, die Abluft aus der Halle wird zunächst den Tunnels zugeführt. Von dort gelangt sie über einen Nassfilter, der geruchstragende Partikel bindet, in einen Biofilter und erst dann wieder ins Freie. Dazu sei man mit den maßgeblichen Behörden im ständigen Austausch, die Potthast ausdrücklich lobt: „Innerhalb von acht Wochen lag uns die Genehmigung zum Umbau vor.“

Bevor das Material jedoch in die Tunnel verbracht wird, muss es von Fremdstoffen gereinigt werden. „Probleme bereiten immer wieder Fehlwürfe in der Biotonne, wie zum Beispiel in Kunststoff verpackter Abfall“, so Potthast. Dieses werde bei jedem Prozess, bei dem der Abfall bewegt wird, was bereits beim Beladen der Müllfahrzeuge beginnt, immer weiter zerkleinert. Auch Tüten, die im Handel als kompostierbar deklariert werden, zählen dazu. In dem kurzen Rotteprozess werden sie nur wenig zersetzt.

Probleme bereiten immer wieder die Fehlwürfe, die regelmäßig in der Biotonne landen.

Mittels Gebläsen werden solche Fremdstoffe entfernt. Zudem fischen Magnetscheider Metalle heraus, zum Beispiel Kaffeekapseln aus Aluminium, die eigentlich in die Restmülltonne gehören. Auch diese technischen Anlagen werden erneuert.

Die Kreise Esslingen und Böblingen kooperieren

Bei der Kompostierung kooperieren die Landkreise Esslingen und Böblingen. Im Kreis Böblingen wird Ende Juni eine neue Vergärungsanlage in Betrieb genommen. Im Gegensatz zur Kompostierung wird dabei organischer Abfall unter Ausschluss von Sauerstoff zersetzt, wobei nutzbares Biogas entsteht. Die Anlage hat eine größere Kapazität als die seitherige, die nach einem Brand völlig zerstört wurde. Die beiden Landkreise teilen sich die Gesellschafterrechte an der Vergärung und der Kompostierung.

Im Kreis Esslingen fallen rund 60.000 Tonnen Bioabfall pro Jahr an. Etwa die Hälfte davon wird nach Böblingen verbracht, wo der Kreis ebenfalls Biomüll einsammelt. So kommen insgesamt rund 30.000 Tonnen als Gärrest zusammen, die wiederum wieder in Kirchheim mit dem verbliebenen Biomüll vermischt werden. „Dadurch wird der Prozess der Kompostierung noch verbessert“, so Potthast. Somit beträgt der Durchsatz im neuen Kompostwerk weiterhin wie bisher rund 60.000 Tonnen im Jahr. „Wir erzeugen von der Bundesgemeinschaft für Gütekompost überprüften hochwertigen Bio-Dünger, der uns von Erden-Werken und Landwirten aus den Händen gerissen wird“, freut sich Potthast.

Biomüll muss in anderen Betrieben verwertet werden

Mit Biogas und Kompost werden Erlöse erzielt, die jedoch die Gesamtkosten längst nicht abdecken. Insgesamt werden rund 20 Millionen Euro in die Erneuerung des Werks investiert. Ein Großteil davon macht die neue Technik aus, darunter auch neue Fahrzeuge für das Werk, auch Sanitärräume werden saniert. Dazu kommen Kosten für die Ersatzverwertung des Bioabfalls für die Zeit, in der das Werk still steht. Schließlich müsse die Abfuhr des Biomülls auch für die Zeit des Stillstands im Werk weiter gewährleistet sein. Qualitätskompost wird es in dieser Zeit nicht mehr geben, nur noch den einfacheren Kompost, der direkt auf den Grünschnittplätzen erzeugt wird und in kleineren Mengen selbst abgeholt werden kann.

Tag der offenen Tür

Beim Tag der offenen Tür am 11. Mai besteht nochmals die Gelegenheit, Einblick in das Werk zu nehmen. Dabei gibt es Informationsstände, Führungen und Angebote auch für Kinder.