Kirchheim
Das Kreis-Schiff setzt den ersten Anker

Landratsamt Mit der Schlüsselübergabe für die neue Außenstelle in Plochingen endet der erste Teil der Ämter-Rochade. Im April beginnt der Abriss in Esslingen. Von Bernd Köble

Als hätte es noch eines Beweises bedurft, dass Behördenarbeit mitunter trocken sein kann, fehlte zur Feier des Tages auch noch der Sekt. Die Pandemie und ihre Gesetze kennen halt weder Gnade noch besondere Anlässe. Egal, die Laune war auch ohne Alkohol prächtig, was wiederum an einer Punktlandung der eher seltenen Art lag: Auf die Minute genau um 11.27 Uhr haben Planer und Projektentwickler am Freitag den Schlüssel für die neue Dependance des Landratsamtes in Plochingen dem Bauherrn überreicht. Das ungewöhnliche minutiöse Protokoll fußte auf einem scherzhaften Versprechen des Projektleiters vergangenes Frühjahr, der damit symbolträchtig Wort hielt. An der Tatsache, dass der Zeiger der Uhr aus Rücksicht für die Fotografen „festgenagelt“ war, nahm die Pointe keinen Schaden. Verbale Streicheleinheiten für die beiden Projektpartner, das Saulgauer Generalunternehmen Georg ­Reisch GmbH und das Architekturbüro Lederer, Ragnarsdóttir Oei aus Stuttgart, hatte es schon vorher gegeben. Schließlich lagen Bauzeit und Kosten am Ende im Plan.

Knapp mehr als 40 Millionen Euro hat der behördliche Adlerhorst auf dem Stumpenhof gekos­tet. Dafür gibt es lichtgeflutete und flexibel gestaltete Büroräume aus heimischem Holz, viel Glas und Stahlbeton, zwischen denen 225 Mitarbeitende aus fünf Ämtern Platz finden. Zusammen mit dem benachbarten und inzwischen umgebauten Gebäude der ehemaligen Klinik wird Plochingen
 

„In Plochingen fremdelt niemand.
Heinz Eininger
Der Landrat auf Pressestimmen, ­wonach sich die Bürgerschaft mit dem neuen Verwaltungssitz noch anfreunden müsse.

 

ab Sommer Arbeitsplatz für rund 500 der insgesamt 2300 Beschäftigten der Kreisbehörde sein. Ihnen versüßt ein Panoramablick, der vom Filstal bis an die Stadtgrenze Stuttgarts reicht, die Arbeit. Am 1. Juli soll die offizielle Einweihung des Neubaus stattfinden. Am 10. September ist für die Bevölkerung ein Tag der offenen Tür geplant. In den verbleibenden Wochen bis zum Umzug stehen kosmetische Arbeiten und der Feinschliff der IT-Experten an. Dann soll es ganz schnell gehen. „Schon am Tag nach dem Einzug werden wir arbeitsfähig sein“, verspricht Landrat und Behördenchef Heinz Eininger. Es ist mehr als der erste Teil eines Gesamtvorhabens, das den Kreis am Ende mehr als 200 Millionen Euro kosten wird. „Es ist die Grundvoraussetzung, dass die Gesamt-Rochade funktioniert“, betonte Eininger am Freitag bei der Übergabe. Ein gewaltiger Behörden-Apparat auf Wanderschaft – wie es sich für einen Kapitän gehört, verließ der Landrat vor wenigen Tagen als einer der letzten das sinkende Schiff am Esslinger Neckarufer. Noch im April soll mit dem Rückbau im Inneren des grünen Verwaltungsbaus aus dem Jahr 1978 begonnen werden. Im Herbst rückt dann die Abrissbirne an. Während der geplanten Bauzeit bis 2026 müssen immerhin noch 260 Beschäftigte auf Gebäude in der Esslinger Innenstadt verteilt werden.

Knapp 8500 Quadratmeter Bürofläche hat die Kreisverwaltung zu diesem Zweck angemietet. Als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreissparkasse residiert der Landrat in der Vorstandsetage der KSK-Zentrale. Besucherträchtige Anlaufpunkte wie die Kfz-Zulassungsstelle werden ab März im benachbarten Einkaufcenter „Das ES“  in der City Platz finden. Dort sind auch das Umweltschutzamt, das Amt für Wasserwirtschaft und Bodenschutz, das Personal- und Organisationsamt, das Amt für Kommunalaufsicht und öffentlichen Personennahverkehr sowie die Kämmerei untergebracht. Weitere Interimsbüros gibt es in der Fleischmannstraße 2, wo sich unter anderem die Geschäftsstelle des Kreistags befindet. Ruhender Pol, auch wenn die Zeiten dort alles andere als ruhig sein werden, sind die rund 360 Beschäftigten, die im Neubau in den Pulverwiesen, direkt neben dem Abrissgebäude, ihren Arbeitsplatz haben.

Plochingen ist also die erste Adresse, die behördlichen Glanz verbreitet. Auch wenn die kleine Schwester am Neckar der geografischen Mitte im Landkreis näher kommt: Das Original steht auch künftig in Esslingen, wie Landrat Eininger betont. Der Grund für diese Feststellung? Während der Bauzeit waren Zollstöcke mit der Aufschrift „Landratsamt Plochingen“ aufgetaucht. Eines der seltenen Stücke hat es dort jetzt bis ins Stadtarchiv geschafft.
 

Fünf Ämter auf fünf Ebenen

Beste Aussichten zumindest, was den Blick vom Schreibtisch betrifft, haben in der neuen Landratsamts-Außenstelle in Plochingen die Mitarbeitenden des Abfallwirtschaftsbetriebs. Sie sitzen im dritten Stock des Neubaus auf dem Stumpenhof.
Eine Etage tiefer wird das Rechts- und Ordnungsamt einziehen. Das Straßenverkehrsamt und die Führerscheinstelle teilen sich das erste Obergeschoss mit dem neuen Kreismedienzentrum.
Als Anlaufstelle mit der höchsten Kunden­frequenz ist das Ausländeramt künftig ebenerdig zu erreichen. Im Untergeschoss des Gebäudes befindet sich die Registratur.
In unmittelbarer Nachbarschaft des Neubaus, in dem für 23,2 Millionen Euro umgebauten ehemaligen Plochinger Krankenhaus, befinden sich bereits jetzt das Gesundheitsamt, das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt, das Amt für Kreisschulen und Immobilien, das Hochbauamt und das Revisionsamt. bk