Porträt
„Das Operieren ist unser Handwerk“

Simon Paul aus Kirchheim ist nicht nur Arzt, sondern auch Stammzellenspender, einstiger Bundesligaturner, Familienvater und Unternehmer.

Simon Paul arbeitet an der Medius-Klinik als Chirurg. Foto: Debora Schreiber

Für alle, die es nicht wussten: Das Operieren ist die goldene Seite der Medaille und nicht etwa die Sprechstunde. Simon Paul, Oberarzt der Chirurgie an der Medius-Klinik, muss zumindest nicht lange überlegen, was er lieber macht: „Zu operieren, ist unser Handwerk, da erschaffen wir etwas. Wenn ich nur Sprechstunden hätte, hätte ich den Beruf nicht gewählt.“

Nicht nur für seine Tätigkeit als Chirurg brennt der 34-jährige Kirchheimer, auch das Turnen hat ihn lange begleitet. Um genau zu sein, knapp 25 Jahre. „Meine Eltern haben mich schon ins Turnen gesteckt, da war ich gerade mal fünf Jahre alt“, sagt er. Da scheinen sie das richtige Gespür gehabt zu haben: Mit dem VfL Kirchheim ist er auf Bundesebene angetreten. „Damals habe ich sechs bis sieben Mal die Woche trainiert, das wäre heute gar nicht mehr denkbar.“ 

Denn: Seine Tage als Oberarzt und Vater zweier Kinder sind gut gefüllt. Im Krankenhaus geht es nach der morgendlichen Teambesprechung für Simon Paul – wenn er Glück hat – direkt in den OP. Was ihn daran so fasziniert, bringt er kurz und knapp auf den Punkt: „Man kann etwas erschaffen, ist manuell tätig und sieht oft sofort ein Ergebnis.“ Um das zu erklären, holt er dann doch etwas aus. Jeder Eingriff sei anders. Bei einer Fraktur an der Hand sei es zum Beispiel möglich, einen Draht auf unterschiedliche Art und Weise einzubringen oder gar eine Platte einzusetzen. Man müsse sich vorstellen können, an welcher Stelle der Draht eingeführt werden muss, damit er an der richtigen Stelle wieder rauskommt. „Es gibt unzählige Möglichkeiten, und man muss entscheiden, welche für den ganz speziellen Einzelfall sinnvoll ist und welche nicht. Man kann viel richtig machen, aber auch extrem viel falsch.“ 

Jura war nicht seins

Der gebürtige Kirchheimer hat am LUG die Schulbank gedrückt, bevor er in Tübingen sein Studium begonnen hat. „Ich habe ein Semester Jura studiert, dann war klar: kein Jura.“ Da der zukünftige Oberarzt nun ohnehin schon eine Bleibe in der Universitätsstadt hatte, freute er sich über die Zulassung zum Medizinstudium in Tübingen umso mehr. „Mein Abitur war zum Glück so gut, dass das geklappt hat.“

Den Sprung vom Hörsaal in den OP schaffte er in seinem praktischen Jahr an der Medius-Klinik, nachdem er seine Doktorarbeit an der BG Klinik Tübingen abgeschlossen hatte. „Ich wollte ohnehin wieder nach Kirchheim, und da die Medius-Klinik Lehrkrankenhaus der Uni Tübingen ist, war es schon naheliegend, dort hinzugehen.“ 

Noch mal bei null anfangen

„Nach dem Studium fängt man als Chirurg nahezu bei null an“, erklärt Simon Paul. Die Einarbeitung an der Medius-Klinik sei aber gut und man komme schnell zu seinen Eingriffen. Von den neun Jahren, in denen er als Arzt tätig ist, hat er sechs Jahre in der Plastischen, Ästhetischen und Handchirurgie verbracht. 

Ein Fall ist dem Oberarzt dabei ganz besonders im Gedächtnis geblieben: „Wir hatten einen Patienten, der mitten in der Nacht mit einer Sepsis eingeliefert wurde.“ Dann musste alles sehr schnell gehen. Ihm wurde beinahe die gesamte Haut der Arme – bis zur Schulter – abgenommen. „Hätten wir das nicht gemacht, hätte er nicht nur seine Arme, sondern auch sein Leben verlieren können.“ In einer zweiten OP wurde dann neue Haut transplantiert. Simon Paul bewegte dabei besonders, dass der Patient erst Mitte 30 war, eine Familie hatte und dass sich eine eigentlich harmlose Schleimbeutelentzündung am Ellbogen zu einer gefährlichen Sepsis, einer Blutvergiftung, entwickelt hatte. „Er hatte leider einfach Pech.“ Die gute Nachricht: Der Patient war nach einiger Zeit vollständig genesen.

Vom Arzt zum Spender

Simon Paul ist nicht nur Arzt, Vater und talentierter Turner, sondern seit Kurzem auch Stammzellenspender. „Wenn man sich registrieren lässt und dann sagt, dass man nicht spendet, ist das doch sinnbefreit.“ Für ihn war die Entscheidung sofort getroffen. Wenn jemand in seiner Familie erkrankt wäre, würde er auch darauf hoffen, dass jemand spendet. Er betont: „Außerdem entstehen keine dauerhaften körperlichen Beeinträchtigungen.“ Während der Vorbereitungszeit, in der man Medikamente bekommt, die einen auf die Spende vorbereiten, könne es schon zu Knochenschmerzen kommen. Das sei aber gut auszuhalten – vor allem, wenn man es in Relation zu einem geretteten Menschenleben sehe. Damit nicht genug: Nach Feierabend und am Wochenende arbeitet der 34-Jährige zusammen mit zwei weiteren Kollegen von der Medius-Klinik in seiner Kirchheimer Praxis „It’s me“. In den Räumen der Zahnarztpraxis Diemer und Kollegen haben die drei Ärzte etwas Platz bekommen. Sie bieten etwa Behandlungen mit Botulinumtoxin, Unterspritzungen mit Hyaluron oder Eigenplasma an.

 

Bereits mit fünf Jahren haben ihn seine Eltern beim Turnen angemeldet. Foto: pr

 

Mit dem VfL Kirchheim ist Simon Paul auf Bundesebene angetreten. Foto: pr

 

Erst vor Kurzem hat er die Möglichkeit bekommen, Stammzellen zu spenden. Foto: pr