Während die elektrische Mischmaschine jedes 52 Karten-Blatt aus Pik, Coer (Herz) Karo und Treff (Kreuz) durcheinanderwirbelt, werden im „Spielzimmer“ des Mehrgenerationenhauses Linde sechs Tische mit jeweils vier Stühlen positioniert. Und da packt jedes Clubmitglied mit an – nicht zu nah, nicht zu weit, aber doch mit gebührendem Abstand. Schnell noch die grüne Tischdecke drüber, dann folgt das Equipment. Der „Kampf“ zwischen den zwei Teams, auch Partnerschaften genannt, kann losgehen. Gegenübersitzend bildet eine Partei Nord-Süd und die Konkurrenz Ost-West, mittig befindet sich das Bridge-Board, ein Behälter mit vier Fächern und jeweils 13 Karten für vier Spieler.
Schon beim ersten Spiel wird dem zuschauenden Laien klar: Geredet wird so gut wie gar nicht. Ein stilles Kartenspiel ohne Ansage, fluchen, schimpfen oder triumphierend das Ass raushauen – beim Bridge bleiben verbale Gefühlsausbrüche im Verborgenen. Was aber längst nicht bedeutet, dass die Spieler keinen Spaß haben. Wurden ursprünglich die Ansagen in der Reizung mündlich abgegeben, sind heutzutage sogenannte „Biddingboxen“ ein essentieller Bestandteil des Bridgespiels. Jeder Spieler verfügt über eine Bietbox mit den 35 Geboten und mehreren Karten für „Pass, Kontra und Re-Kontra“ – damit zeigt der Spieler die Reizung für sein Spiel an, um den optimalen Kontakt für sich und seinen Partner zu finden. Hilfreich beim Auswerten sind Score-Zettel und Taschenrechner.
Plötzlich ertönt eine Stimme. „Was liegt, das liegt“. Uff, das sitzt. Eine gerechtfertigte Ansage von Petra Pitzer, die vermutlich raus musste. Aktuell hat der dem Bridgeverband Baden-Württemberg angeschlossene Bridgeclub Kirchheim, der im Januar 1992 in Unterlenningen gegründet wurde, 61 Mitglieder. „Unsere Ehrenvorsitzende ist Erika Götz, sie zählt zu den 32 Gründungsmitgliedern, von denen noch fünf im Club spielen“, verrät die Vorsitzende Sibylle Hasel und ergänzt: „Wir sind von der Landesliga aufgestiegen und spielen im nächsten Jahr in der Regionalliga“. Was beim Zwischendurch-Gespräch herauskommt, dass es den Clubmitgliedern nie langweilig wird. So erzählt Schriftführerin Gretel Kapp von ihrer 2023 verstorbenen Mutter Martha Bernecker. „Mit 97 Jahren hat sie zweimal die Woche gespielt. Sie war gern unter Leuten und hat, wie sie immer betonte, beim Bridge ihr Gehirn trainiert.“ Ähnlich sieht es Hermann Ruoss. „Das Spiel hat soziales Potenzial und macht furchtbar viel Spaß“, bestätigt der 83-jährige Kirchheimer, dem es ebenfalls gefällt, mit „Menschen in Verbindung zu kommen.“ Und mit dieser Aussage steht er nicht alleine da. Auch die anderen Mitspieler genießen das gute Miteinander – egal ob man verliert oder gewinnt.
Info Der Bridgeclub Kirchheim trifft sich montags um 15 Uhr und freitags um 14.30 Uhr im Mehrgenerationenhaus Linde.
Wissenswertes über Bridge
Ursprung Schach und Bridge werden weltweit nach einheitlichen Regeln gespielt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Bridge in Russland, Frankreich, Griechenland und der Türkei in sehr vereinfachter Form gespielt. Ab den 50-er Jahren erfreute es sich immer größerer Beliebtheit. Der Deutsche Bridge-Verband zählt inzwischen über 27.000 Mitglieder in mehr als 430 Clubs.
Image Dass ausschließlich Ältere spielen, stimmt nicht. Jährlich werden Europa- und Weltmeisterschaften eigens für Schüler und Junioren (U20/U25) veranstaltet. In Frankreich, Italien, Polen wird Bridge regelmäßig an Schulen unterrichtet. ack