Kirchheim
Das Waldheim will alle Sinne ansprechen

Ferien Die evangelische Gesamtkirchengemeinde Kirchheim betreut zwei Wochen lang 130 Kinder – und zeigt sich dabei sehr anpassungsfähig. Von Andreas Volz

Anpassung ist alles: Wer will, kann sogar an einem heißem Sommertag von Weilheim bis Bad Boll wandern. Die Kinder des Kirchheimer Ferienwaldheims waren fast alle willig. Am Zielort angekommen, belohnte sie der schattige Spielplatz am Beginn des „Sinneswandels“. In diesem Fall trägt das
 

Am Ende wird es dann sogar Plan Z.
Klaus Onischke
Der Leiter des Ferienwaldheims über das Planen in Corona-Zeiten

Ferienwaldheim seinen Namen einmal völlig zurecht. Seit vielen Jahren hat es seinen Standort am Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium, weit entfernt von allen Wäldern. Also führte zumindest der eine Tag in Boll die Kinder in den Wald.

Den Sinneswandel, der größtenteils durch den Wald am „Badbächle“ führt, konnten die verschiedenen Gruppen nacheinander „durchlaufen“. Alle möglichen Sinne lassen sich dabei trainieren und schärfen: Sehen, Hören, Tasten. Selbst der Sinn für die Zeit wird angeregt, indem einzelne Stationen des zwei Kilometer langen Pfads auch zum Entspannen und zur Entschleunigung einladen. Nicht integriert ist der Geschmackssinn. Aber dafür hat das Ferienwaldheim ja ein hervorragendes Logistikteam: Speisen für 130 Kinder und rund 50 Mitarbeiter wurden von Kirchheim nach Boll transportiert.

Wem allerdings beim Gedanken an ein frisch gegrillte Rote Wurst bereits das Wasser im Mund im Mund zusammenlief, der sah sich bitter enttäuscht: Wegen der Waldbrandgefahr ist die Grillstelle gesperrt und durch Bauzäune komplett vergittert. Auch hier musste sich das Waldheim-Team also anpassen. Nachdem bereits ein paar Tage zuvor von der Gemeindeverwaltung zu erfahren war, dass es keine Ausnahme geben könne – weder für Gasgrills noch für einen fest versiegelten Ausweichplatz –, gab es zur Mittagszeit kurzerhand das Vesper, das eigentlich für den Abend vorgesehen gewesen wäre. Und die Grills wurden dafür am Abend angeschmissen: Das LUG-Areal gilt als Privatgelände, sodass es dort erlaubt war, die gut gekühlten Würste zur „heißen Roten“ umzufunktionieren.

In den ersten beiden Augustwochen veranstaltet die evangelische Gesamtkirchengemeinde ihr Ferienwaldheim, und das seit nunmehr 70 Jahren. Die letzten beiden Jahre waren die Bedingungen durch Corona erschwert. Nun aber gibt es erstmals wieder das „reguläre“ Angebot, wie Ferienwaldheimleiter Klaus Onischke berichtet.

„Unser Thema heißt ,Detektive’, und auch das haben wir jetzt drei Jahre lang geplant“, erzählt er. Das Thema sei zu reichhaltig, um es in nur einer Woche abzuhandeln. Wegen Corona hatte es zwei Jahre lang jeweils nur eine Waldheim-Woche pro Kind gegeben. So ließ sich einerseits die Zahl der Teilnehmer halbwegs aufrechterhalten, und andererseits blieben die Kontaktmöglichkeiten beschränkt.

Mysteriösen Fällen auf der Spur

Als Detektive beschäftigen sich die Kinder dieses Jahr mit vielen mysteriösen Fällen, und auch dazu passte der Boller Sinneswandel. Denn wie alle Welt spätestens seit Sherlock Holmes weiß, kann ein Detektiv seine Sinne auch durch Hilfsmittel verbessern, etwa durch eine Lupe. Weil das Thema immer auch mit biblischen Geschichten verknüpft ist, ging es in der vergangenen Woche um die Emmaus-Jünger, die ebenfalls einen mysteriösen Fall zu lösen haben. Aber erst ganz am Ende stellen sie fest, dass sie den geheimnisvollen Fremden, der sie da begleitet hat, schon lange kennen.

Nächste Woche machen sie die Detektiv-Kinder schließlich auf die Suche nach dem Glück. Für ein kleines Stück vom Glück soll am Dienstag wieder die Feuerwehr sorgen, die die Kinder mit reichlich Wasser versorgt. „Aber angesichts der Wasserknappheit werden wir es nicht übertreiben“, verspricht Klaus Onischke.

Zum Teilnehmerkreis beim Ferienwaldheim gehören seit eh und je auch Kinder der Lebenshilfe, wie Klaus Onischke betont. Und dieses Jahr sind noch weitere besondere Kinder dabei: Kinder, die mit ihren Familien aus der Ukraine geflüchtet sind. Gewisse Sprachprobleme seien vorhanden. Aber im Waldheim kriegt man so etwas locker in den Griff. Eine der Lehren, die der Leiter aus den Corona-Jahren zieht: „Da haben wir gelernt, dass ein Plan A nicht ausreicht. Man braucht mindestens Plan A bis E – und dann wird es am Ende sogar Plan Z.“