Kirchheim
Der Hoffnung ein Gesicht geben

Kirche Im Café Hope im Steingau-Zentrum treffen an drei Tagen in der Woche Vielfalt, Herzblut, Gastfreundschaft und ein Halleluja aufeinander. Die Vesperkirche ist zu einer dauerhaften Einrichtung geworden. Von Peter Dietrich

Sie sind aus vielen Städten nicht mehr wegzudenken, die Vesperkirchen, die für jeweils ein paar Wochen im Jahr ganz unterschiedliche Menschen zusammenbringen und ihnen eine Heimat geben. Doch jedes Mal herrscht Trauer, wenn es wieder vorbei ist. Ganz anders im Café Hope im Steingau-Zentrum: Dort erhalten rund 100 Gäste das ganze Jahr über, immer von Dienstag bis Donnerstag, ein leckeres Essen, nur in den Schulferien ist Pause. „Wir wollen der Hoffnung ein Gesicht geben“, sagt Ruth Reiter, 2. Vorsitzende des Vereins Café Hope.

Vor zehn Jahren wurde dieser Verein gegründet, das war Anlass zu einer fröhlichen Feier. Doch die Wurzeln reichen viel weiter zurück. 2004 hatte die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde ihr neues Steingau-Zentrum bezogen. Dem Hausmeister Raimund Bauder war nicht nur das Gebäude wichtig, er und der CIK-Stadtrat Wolfgang Schuler wollten Menschen etwas Gutes tun. Sie formierten ein Team und begannen donnerstags einen Kaffeeausschank vor dem benachbarten Jobcenter. Zu Keksen kam der Kuchen im Steingau-Zentrum dazu – für alle, die sich hineinwagten.

Aus 15 Portionen wurden 60

Dann kamen die Berufsschüler in den Blick, die auf dem Weg ins Stadtzentrum das Gelände durchquerten. Der erste Versuch mit Sandwiches führte schnell zur Erkenntnis: Diese Schüler brauchen ein richtiges Essen. Aus 15 Portionen wurden jeden Donnerstag ganz schnell 60. Die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde erkannte auch: Wenn wir das Angebot ausbauen wollen, braucht es eine neue Struktur. Der Verein Café Hope begann am 13. Juni 2013 mit 20 Gründungsmitgliedern. Die Kirchengemeinde stellt dem Verein die Räume, inklusive Energie und Wasser, kostenlos zur Verfügung. Zu den weiteren Förderern zählen die Stadt Kirchheim, der Bürgerverein, der Teckbote mit seiner Weihnachtsaktion, die Volksbank und private Spender. Denn mit dem aktuellen Preis von 7,50 Euro für ein Essen, ermäßigt 6 Euro, sind nicht alle Kosten zu decken.

Im Steingau-Zentrum wurden zehn Jahre Café Hope gefeiert - die rund 45 Ehrenamtlichen kommen aus sieben Nationen, nicht alle konnten bei der Feier dabei sein, aber wer da war, kam auf die Bühne und brachte sein typisches Handwerkszeug mit. Foto: Peter Dietrich

Der Speiseplan ist bodenständig und abwechslungsreich, die Tagesleiterin Martina Rieker hat nachgezählt und kam innerhalb eines Jahres auf 46 verschiedene Fleischgerichte und 47 verschiedene vegetarische Gerichte. Gekocht wird stets frisch und ohne Geschmacksverstärker, die Köchin Gabriele Heß wurde bei der Feier von allen Seiten hoch gelobt. Die dritte Hauptamtliche, ebenfalls in Teilzeit, ist Eva-Maria Gless, die ganz flexibel sowohl die Tagesleitung als auch die Köchin vertreten kann.

Die „Drei von der Kochstelle“ haben ein Team von rund 45 Ehrenamtlichen aus sieben Nationen um sich. Sichtlich bewegt schilderten einige von ihnen, wie das Café Hope für sie zur Heimat und Ersatzfamilie wurde. Im Café Hope mit schlechter Laune essen? Dies, so der allgemeinde Tenor, sei unmöglich. Ebenfalls unmöglich ist es, jeweils vorab die exakte Besucherzahl zu schätzen. Doch die Köchin hat viel Erfahrung und weiß, was sich gut nachmachen lässt. Auch so manches Stoßgebet geht in die Rechnung ein, damit am Ende kein Essen weggeworfen werden muss.

Begegnung mit Leben füllen

In Vertretung des Oberbürgermeisters würdigte Stadtrat Ralf Gerber die „einzigartige und wertvolle Einrichtung in der Stadt“, in der „die Begriffe Nächstenliebe, Zusammenhalt und Begegnung mit Leben gefüllt“ würden. Seine Bitte im Namen der Stadt: „Einfach weiter so.“

Stellvertretend für alle Stammgäste kamen ein 80-jähriger Nachbar und ein Schüler zu Wort. „So gutes Essen gibt es sonst nirgends in der Umgebung“, stellte der Schüler fest. Pastor Günter Öhrlich rief zum Quiz auf, an dem rund 40 Besucher mit ihren Smartphones teilnahmen. Was war die bisher höchste Zahl an Essen? Es waren 168. Wie viele Kilogramm Kartoffeln braucht man für Kartoffelgratin für 100 Personen? 25. Die Erst- und Zweitplatzierten gewannen Freiessen, Teilnehmer „Alex“ darf als Drittplatzierter einmal zum Spülen kommen. Vielleicht war dabei die Ehre, einmal Teil dieses internationalen Teams zu sein, der eigentliche Hauptgewinn des Tages.