Kirchheim
Der Jauchertbach kriegt’s Bett gemacht

Renaturierung Nach vier Jahren Planungs- und Bauzeit ist das Gewässer am Fuß der Teck auf 450 Metern Länge von der Verdolung befreit. Das Projekt zählt zu den Ausgleichsmaßnahmen für die ICE-Strecke. Von Andreas Volz

Der Jauchertbach kann sich jetzt zwischen Nabern und Dettingen in freier Natur entfalten. Foto: Tobias Tropper

Am Ende ging es schneller als gedacht – und doch hatte das Projekt einen langen Vorlauf: Der Jauchertbach zwischen Dettingen und Nabern ist kaum wiederzuerkennen. Genüsslich schlängelt er sich auf einer Länge von 460 Metern offen durch die Landschaft, anstatt wie in den Jahrzehnten zuvor bolzgerade
 

Der Flugplatz war fünf Monate gesperrt. Das ist nicht selbstverständlich.
Holger Kappich
über die gute Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft

und dazu noch „unter Tage“ vor sich hin zu fließen. Das neu gestattete Mäandern bringt dem Jauchertbach sogar zehn Meter an zusätzlicher Länge ein, denn in der bisherigen Verdolung hatte er an dieser Stelle nur 450 Meter aufzuweisen.

Bei der „Inbetriebnahme“ des neuen Bachbetts sprach Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann von vielfältigen Herausforderungen – nicht zuletzt bürokratischer Natur –, um etwas Gutes tun und die Dole öffnen zu können. „Das Landratsamt hat hier sehr geholfen und das ganze Projekt trotz der schwierigen Rahmenbedingungen unterstützt.“ Die Idee, den Jauchertbach aus seinem Korsett zu holen, hatte schon lange bestanden. Nun ging es darum, sie dank günstiger finanzieller Umstände endlich umzusetzen.

„Es geht um Ausgleichsmaßnahmen für die ICE-Tresse, die aus unserer Sicht möglichst nahe an der neuen Bahnstrecke ausgeführt werden sollten“, sagte Rainer Haußmann. Was lag also, in jeder Hinsicht, näher, als sich mit dem Jauchertbach-Projekt zu bewerben? Die Kosten, die sich auf insgesamt 800 000 Euro belaufen, übernimmt zu 90 Prozent die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg.

Die Stiftung gibt in diesem Fall Gelder weiter, die die Bahn als Ersatzzahlung an sie überwiesen hat. Letztlich zahlt also die Bahn mittelbar den Löwenanteil am Bachprojekt auf Dettinger Gemarkung. Die restlichen zehn Prozent teilen sich die Gemeinde Dettingen und die Stadt Kirchheim.
 

„Ende gut, alles gut“

Die Federführung für das Projekt lag bei der Gemeinde Dettingen, weshalb Bürgermeister Haußmann nach Überwindung sämtlicher Schwierigkeiten zur feierlichen „Eröffnung“ des geöffneten Bachlaufs resümieren konnte: „Ende gut, alles gut.“

Von den vielen Schwierigkeiten, die es in rund vier Jahren Planungs- und Bauzeit zu überwinden galt, berichtete Projektleiter Holger Kappich vom Stuttgarter Büro Geitz & Partner: „Direkt am Sonderlandeplatz Nabern gab es keine Möglichkeit, etwas zu gestalten. Also ging es zunächst um 8 000 Quadratmeter Grunderwerb auf Dettinger Gemarkung.“

Zur ökologischen Verbesserung war es außerdem wichtig, den neuen gewundenen Bachlauf durch Lebendfaschinen zu beschatten, weil er sonst im Sommer schnell austrocknen würde. Wegen des Flugplatzes direkt nebenan sei ein „Hindernis-Freihaltebereich“ vorgeschrieben. Die Flugsicherheit mache es erforderlich, dass das Gebüsch an der Böschung nicht höher sein dürfe als zwei Meter. Entsprechend häufig muss das Gehölz künftig also beschnitten werden. Diese Höhenbegrenzung hätte eigentlich auch für den Bau selbst gegolten. Allerdings ist es unrealistisch, mit Maschinen zu arbeiten, die nicht höher als zwei Meter sind. Folglich war der Flugplatz während der Bauzeit fünf Monate gesperrt. „Das ist nicht selbstverständlich“, stellte Holger Kappich fest und bedankte sich bei allen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit.

Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer sprach im Rückblick von etwa drei Jahrzehnten, die es gebraucht habe, um den Jauchertbach zwischen Nabern und Dettingen so zu verbessern, wie es bereits in den ersten Ideen vorgesehen war. Als Vertreterin der Stiftung Naturschutzfonds zeigte sich Rebecca Pflug begeistert von der „großartigen Arbeit, die hier geleistet wurde“, und von der „Zusammenarbeit mit engagierten Projektträgern“.

Das gemeinsame Engagement hat immerhin zu einer deutlichen Unterschreitung der Frist geführt, wie Holger Kappich anmerkte: „Wir waren schneller fertig als nötig. Die Frist für die Zuschüsse läuft erst Ende 2024 ab.“