Schienenverkehr
Der Kirchheimer Bahnhof ist in einem schlechten Zustand

Stadtverwaltung und Deutsche Bahn müssen eng zusammenarbeiten, um Kirchheims funktionierenden, aber deutlich in die Jahre gekommenen Mobility-Hub in die Neuzeit zu transferieren.

Barrierefrei sieht anders aus: Die Unterführung am Kirchheimer Bahnhof sorgt für manchen Schweißtropfen. Foto: Kerstin Dannath

Insgesamt 7300 Reisende hat die Deutsche Bahn bei ihrer letzten Erhebung im Jahr 2021 pro Tag am Kirchheimer Bahnhof gezählt. Zehn Busbahnlinien treffen sich am angeschlossenen Bus-Bahnhof, alle vertaktet mit der seit 2009 fahrenden S1-Bahnlinie, dazu kommen die X10-Buslinie zum Stuttgarter Flughafen, Taxi- und Radstation sowie der P&R-Parkplatz – ohne Zweifel ist der Kirchheimer Bahnhof eine wichtige Mobilitäts-Drehscheibe, deren Strahlkraft weit über die Stadt hinausreicht. Mit großer Aufhaltsqualität punktet das eher trist anmutende Areal rund um den Eugen-Gerstenmaier-Platz indes nicht, auch wenn die Stadt dort immer mal wieder Geld in die Hand nimmt – etwa für überdachte Bänke am Gerstenmaier-Platz oder ein vandalismussicheres Toilettenhäuschen.

 

Komplexe Eigentumsverhältnisse

Im kommenden Jahr steht nun der 50. Geburtstag des Kirchheimer Bahnhofs an. Der alte, mehr in der Innenstadt gelegene Bahnhof war Mitte der 1970er-Jahre aufgelöst worden, dort befindet sich heute das Teck-Center. Gründe gibt es also viele, um sich mit der Zukunft des in die Jahre gekommenen Areals zu beschäftigen. „Wir haben hier eine voll funktionierende Drehscheibe, die aber in schlechtem Zustand ist“, gab Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer bei einem Vor-Ort-Termin offen zu. Geladen hatten die beiden Grünen-Politiker Matthias Gastel sowie Andreas Schwarz, beide passionierte Bahnnutzer und Verfechter der „Grünen Bahnstrategie“. Diese soll zu einer Stärkung der Schiene als klimafreundlichstes Verkehrsmittel führen.

Ebenfalls dabei waren mit Michael Groh, dem Leiter des Regionalbereichs Südwest/Personenbahnhöfe, sowie Nikolaus Hebding, seines Zeichens Bahnhofmanager in der Region Stuttgart, zwei Vertreter der Bahn. Angestellt sind die beiden Herren bei der DB InfraGo AG, die seit 2023 als gemeinwohl­orientierte Infrastrukturgesellschaft der Deutschen Bahn AG firmiert. Als Vertreter der Stadt war neben dem ersten Bürgermeister Riemer auch Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader vor Ort. Das gemeinsame Ziel der Runde: Wie kann man den Kirchheimer Bahn- und Bushof attraktiver machen, wie sieht es in Sachen Barrierefreiheit aus und was fällt in die Zuständigkeit der Stadt, beziehungsweise für was ist die Bahn verantwortlich?

„Der Bahnhof und seine Areale sind komplexe Gebilde etwa in puncto Eigentumsverhältnisse“, erläuterte Bundestagsmitglied Gastel – so gehören Bahnsteig und -gleise sowie Teile der Gebäude der Bahn. Die Stadt wiederum ist Eigentümerin von Teilen des ehemaligen Güterbahnhofs sowie des Busbahnhofs - und liebäugelt damit, dort Platz für Wohnraum und Gewerbe zu schaffen. „Es gibt Ideen, den zentralen Busbahnhof auf das Geländes des ehemaligen Güterbahnhofs zu verlagern und dort auch eventuell gleich ein Parkhaus hinzustellen“, kündigte Riemer an. Damit würde die Fläche des aktuellen Busbahnhofs frei, was „ein toller Bauplatz“ wäre. Eine Gesamtkonzeption gibt es hierfür allerdings seitens der Verwaltung noch nicht - es mangele an Geld und personellen Kapazitäten, wie der erste Bürgermeister, der unter anderem zuständig für Stadtentwicklung und -planung ist, zugab. Das alles seien Ideen, die irgendwann in einen städtebaulichen Wettbewerb münden könnten.

Sie machen sich Gedanken über den Kirchheimer Bahnhof : Michael Groh, Andreas Schwarz, Günter Riemer, Pascal Bader, Matthias Gastel, Nikolaus Hebding. Foto: Kerstin Dannath

 

Der Zugang ist nicht optimal

Ebenfalls in der Schwebe ist, ob die S-Bahnverlängerung nach Weilheim und Oberlenningen kommt oder nicht. Falls das durchgeht, ist wiederum die Bahn gefordert, den praktisch stillgelegten zweiten Gleis inklusive Bahnsteig auf Vordermann zu bringen. In diesem Zuge könnte man sich auch Gedanken über eine Optimierung des Zugangs machen. Die bisherige Unterführung sorgt wegen ihrer fehlenden Barrierefreiheit immer wieder für Klagen. Auch ein oberirdirscher Steg, der das Leben der über 1000 Schüler des LUG jenseits des Bahnhofs um einiges erleichtern würde, ist immer mal wieder im Gespräch. „Sowas ist aber 100-prozentige Sache der Stadt“, betonte DB-Regionalchef Groh. Für vergleichbare Maßnahmen an anderen Standorten, seien die Kosten von mindestens zwei Millionen Euro entstanden, fügte er hinzu. Einem oberirdischen Übergang erteilte Groh eine kategorische Absage: „Ein schienengleicher Übergang ist bei Mehrgleisigkeit ausgeschlossen. Erst kürzlich hat es in einer solchen Situation wieder einen tödlichen Unfall gegeben.“

„Wir müssen gemeinsam versuchen, unseren Verkehrsknotenpunkt aus den 70er in die Neuzeit zu transferieren“, sagte Bader. Der politische Wille sei da und die Bahn sei auch mit im Boot – gute Vorraussetzungen also, auch wenn bis dahin noch viele Jahre ins Land gehen werden, wie der Oberbürgermeister prognostizierte. Gastel und Schwarz wiesen auf die vielen Fördermöglichkeiten von öffentlicher Hand hin – allein der Bund stellt für das kommende Jahr zwei Milliarden Euro zu Verfügung, die in die Verkehrsinfrastruktur an deutschen Bahnhöfen fließen sollen. „Wir brauchen einen langen Atem, das ist klar“, sagt DB-Mann Groh, „Wichtig ist es aber, dass wir uns als Bahn mit der Stadt zusammensetzen, um eine gute Infrastruktur und den Verkehr in Einklang zu bringen.“