Wo es derzeit wohl am meisten brennt, wird zum Ende der Veranstaltung deutlich: Es ist kurz vor 19 Uhr, die rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Rundgangs stehen vor dem Fahrradgeschäft am westlichen Ende der Wollmarktstraße. Plötzlich herrscht Verkehrschaos im Wendebereich der Sackgasse, Kinder und Jugendliche mit Musikinstrumenten verlassen das Freihof-Schulgelände und steigen in die wartenden Fahrzeuge. Die „Kampfzone Schule mit dem Hol- und Bringverkehr“, wie Planer Thomas Sippel sagt, ist eine der Herausforderungen, die bei der Entwicklung eines zukunftsgerichteten Sanierungsplans angegangen werden sollen.
Sprung zurück an den Anfang. Oberbürgermeister Pascal Bader, Gernot Pohl vom Bauamt der Stadt Kirchheim, Planer Thomas Sippel und Rudolph Kunstmann von der Landsiedlung Baden-Württemberg begrüßen die Anwesenden und erläutern den Stand des Verfahrens. Nachdem die Stadt Kirchheim mit dem Sanierungsgebiet Wollmarktviertel in ein Förderprogramm des Landes aufgenommen wurde, geht es nun „um die Entwicklung eines städtebaulichen Sanierungskonzepts“, so Pohl.
Münden soll die aktuell durchgeführte vorbereitende Untersuchung in die formelle Aufstellung eines Sanierungsgebiets durch den Gemeinderat am Jahresende, spätestens jedoch Anfang 2024. Umgrenzt wird das Gebiet vom nördlichen Alleenring und grob von Lindach und Lauter. Für einen Zeitraum von mindestens acht Jahren stehen für das Quartier zunächst 1,2 Millionen Euro Fördermittel für städtebauliche Maßnahmen und Gebäudesanierungen zur Verfügung.
Doch welche Überlegungen zur Weiterentwicklung des Quartiers hat die Stadt? Oftmals hilft der Blick zurück, um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Entsprechend hatten die Veranstalter mit Willi Kamphausen einen profunden Kenner der Historie des Wollmarktviertels mitgebracht, der die markanten Punkte des Quartiers historisch einordnete. So erfuhren die Anwesenden beispielsweise, dass der namensgebende Wollmarkt dereinst einer der größten Wollmärkte im Königreich Württemberg war. Auch das gesamte Viertel selbst, so Kamphausen, sei schon immer sehr kleinteilig geprägt gewesen mit seiner Mischung aus Kleingewerbe und Wohnraum.
Und eben aus dieser Historie heraus speisen sich so einige der Herausforderungen, denen sich die Stadt bei der Weiterentwicklung des Quartiers gegenübergestellt sieht. Stichwort Schule: „Wir werden den Freihof als Schulstandort erweitern müssen“, erklärt Gernot Pohl, denn schon jetzt platzen Grund- und Realschule aus allen Nähten.
Dazu kommen der Parkplatzmangel, oder die Anbindung des Wollmarktviertels an die Innenstadt: Alles Punkte, die die Stadt im Rahmen ihrer Planungen bewegen muss. So werden auch Überlegungen zur Herstellung einer kleinen Fußgängerzone im Straßenabschnitt nördlich des „Alten Teckboten“ am Alleenring wieder konkreter. Und auch die Frage, ob die Fläche des Autohauses Schmauder nicht anders genutzt werden könnte, muss gestellt werden. Planer Thomas Sippel: „Braucht es wirklich einen so großen Betrieb im innerstädtischen Bereich?“
Aber auch für die Haus- und Wohnungsbesitzer im Wollmarktviertel stellen sich nun, da das Sanierungsgebiet spruchreif wird, viele Fragen. Wie können sie bei anstehenden Sanierungsmaßnahmen von den Fördermitteln profitieren? So werden beispielsweise energetische Sanierungen förderfähig sein. Deshalb hat Planer Sippel an alle Besitzer, die gerade eine Maßnahme planen, einen wichtigen Rat: „Beauftragen Sie erst dann, wenn das Sanierungsgebiet formal unter Dach und Fach ist.“ Denn erst ab diesem Zeitpunkt können Vorhaben von der Förderung profitieren.