Kirchheim
Der kleine Dienstweg stachelt

Krankenhäuser Weil immer mehr Intensivbetten fehlen, fordern Klinikärzte, dass sich Häuser besser vernetzen. Mediziner verbringen Stunden am Telefon, um einen freien Platz zu finden. Von Bernd Köble

Es ist ein Problem, das Haus­ärzte genauso kennen wie ihre Kollegen in den Kliniken. Wenn Patienten mit entsprechenden Symptomen in der Praxis aufkreuzen und die Einweisung ins Krankenhaus nötig erscheint, „dann setzen wir uns ans Telefon, kontaktieren die Leitstelle oder schauen selbst, wo ein Platz frei ist“, sagt ein Arzt in einer Corona-Schwerpunktpraxis im Kreis, der namentlich nicht genannt werden will. Unter normalen Bedingungen funktioniert das. Doch was ist, wenn Betten knapp werden?

Ein Missstand, auf den auch Michael Geißler, der Ärztliche Direktor am Klinikum in Esslingen, hinweist. Er fordert wie viele seiner Kollegen ein bundesweites Zent­ralregister, das freie Klinikplätze erfasst und vermittelt. Es könne doch nicht sein, sagt er, dass Intensivmediziner in einer Ausnahmesituation wie dieser wertvolle Zeit mit Telefonaten verbrächten.

Keine reinen Corona-Kliniken

Wäre es zudem sinnvoll, dem Beispiel der Schwerpunktpraxen zu folgen und reine Corona-Kliniken einzurichten, um Kräfte zu bündeln? Nein, sagt Jörg Sagasser, Ärztlicher Direktor der drei Medius-Kliniken in Kirchheim, Nürtingen und Ruit. Schwerpunktpraxen seien sinnvoll im ambulanten Bereich, weil sie hundert andere entlasten. „Im stationären Bereich ergeben reine Corona-Kliniken im Moment keinen Sinn, weil wir auch Notfälle wie Herzinfarkt oder eine gebrochene Hüfte weiterhin behandeln müssen“, sagt Sagasser. „Eine strikte Trennung ist unmöglich.“ Ein funktionierendes Lotsensystem hält aber auch er für erforderlich. Man sei gerade dabei, ein Konzept zu überlegen, wie man die überregionalen Verlegungen besser abstimmen kann, meint er. Umsetzen müsse es die Politik.

Dabei gibt es solche Register bereits. Genauer gesagt sogar zwei: Über das regionale Netz Rescuetrack und die bundesweite Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) melden die Medius-Kliniken an zwei Plattformen unter anderem freie Beatmungskapazitäten. Sagasser: „Die Frage ist, wie wir es schaffen, über zentrale Stellen die Kommunikation so zu vereinfachen, dass man nicht stundenlang herumtelefonieren muss.“ Im Normalbetrieb verfügen die drei Medius-Kliniken über 29 Beatmungsplätze, maximal erweiterbar auf 54, wenn man Narkosegeräte hinzurechnet, die eigentlich für Notfall-Operationen gebraucht werden. „Die normalen Beatmungskapazitäten sind erschöpft“, sagt Sagasser. Deshalb wurden vergangene Woche in Nürtingen erstmals Patienten in andere Kliniken verlegt.

Wann die Notklinik bei der Messe in Betrieb gehen wird, ist immer noch offen. Die verantwortlichen Stellen tun sich mit dem Urteil schwer, solange unklar ist, wie die seit einer Woche geltenden Maßnahmen greifen werden. Man wolle das erst entscheiden, wenn die normalen Kapazitäten aufgebraucht seien, sagt Sagasser. „Ob das in drei Tagen oder in zwei Wochen sein wird, wissen wir nicht.“