Es gilt als Jahrhunderprojekt im Kreis Esslingen - sowohl, was die Kosten, als auch die logistische Herausforderung betrifft. Spätestens Ende 2025 will die Kreisverwaltung ihren neuen, mehr als 120 Millionen Euro teuren Bürokomplex am Neckarufer beim Merkelpark beziehen. Für rund 530 Mitarbeiter, die derzeit noch im Altbau arbeiten, heißt es spätestens 2021: Koffer packen für den Umzug. Seit gestern steht auch fest, wohin zumindest für einen Teil davon die Reise gehen wird.
Verwaltung und Politik bauen auf einen zweiten Verwaltungsstandort beim ehemaligen Kreiskrankenhaus auf dem Plochinger Stumpenhof. Dort, wo heute schon das Gesundheits- und Veterinäramt untergebracht sind, sollen 220 neue Mitarbeiterplätze an der Stelle des alten Klinik-Wohnheims entstehen. Platz unter anderem für die Mitarbeiter von Vermessungsamt, Kreisarchiv, Ausländerbehörde und Abfallwirtschaftsbetrieb, die dauerhaft dort oben bleiben werden. Errechnete Kosten: 33,5 Millionen Euro. Am Stammsitz in Esslingen sollen in den neuen Büros künftig 680 Mitarbeiter unterkommen, weitere 370 arbeiten derzeit im benachbarten Neubau, der vor neun Jahren erst bezogen wurde.
Die Zweier-Lösung mit Plochingen als dauerhafter Dependance spart unterm Strich Kosten. Wegen geringerer Risiken durch steigende Baupreise, und weil dadurch nur für einen Teil des Personals eine teure Zwischenlösung gefunden werden muss, da zeitversetzt gebaut wird. Zu diesem Schluss kommen die Planer des Stuttgarter Büros Drees & Sommer in ihrer Machbarkeitsstudie, die der Kreistag vor zwei Jahren in Auftrag gab und die gestern nun zur Abstimmung im Plenum vorlag. Eine vorübergehende Unterbringung der Mitarbeiter zu wirtschaftlichen Konditionen sei angesichts horrender Mietpreise nicht möglich, sagt Landrat Heinz Eininger. „Dies machte ein Umdenken notwendig.“ Bis auf die Republikaner, die das Thema bis nach den Kommunalwahlen im kommenden Jahr vertagen wollten, fand sich gestern eine breite Mehrheit für den Vorschlag im Kreistag.
Weg frei für weitere Planung
Damit ist der Weg frei für weitere Planungen und einen möglichen Baubeschluss 2019. Mit Beginn der Abbrucharbeiten Ende 2021 in Esslingen könnte knapp ein Drittel der Mitarbeiter bereits in den Neubau auf dem ehemaligen Plochinger Klinik-Areal umziehen. Das verschafft Luft, löst das Problem aber nicht ganz. Räume für etwa 300 Arbeitsplätze muss der Kreis bis zum geplanten Einzugstermin Ende 2025 in Esslingen vorübergehend anmieten. Für entsprechende Büroflächen im „Das ES“, in der Fleischmannstraße und im Württemberger Hof gibt es laut Eininger bereits ausgehandelte Mietverträge.
Mehr Flexibilität, freie Hand bei der Raumplanung, zu der auch neue Sitzungsräume und eine Kindertagesstätte gehören, und die Tatsache, dass sich beide Modelle finanziell die Waage halten, hatten die Frage Neubau oder Sanierung schon früh beantwortet. Bernhard Richter, Fraktionschef der Freien Wähler, sorgt sich dennoch um die Außenwirkung. „Den Menschen dürfte nicht leicht zu vermitteln sein, warum wir ein 40 Jahre altes Gebäude abreißen“, sagt er. Die stärkste Fraktion im Kreistag kündigte an, man werde möglicherweise über einen Kostendeckel diskutieren, wenn genauere Zahlen vorlägen. Größtmögliche Kostensicherheit versprechen sich die Kreisparlamentarier vom kombinierten Verfahren „Planen und Bauen“, das die Verantwortung in die Hand eines Generalunternehmens legt. Die Grünen beantragten zudem eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen und die Verwendung von Recycling-Beton an beiden Standorten, während SPD-Chefin Sonja Spohn möglichst schnell zur Sache kommen will: Angesichts der Auflagen beim Brandschutz könne man sich weitere Verzögerungen nicht mehr leisten.
Weiter geht es im Januar. Dann entscheidet der Finanzausschuss über einen möglichen Start des Vergabeverfahrens.