Kirchheim
Der Ladendieb sitzt  erst einmal in Haft

Diebstahl   Ein 25-Jähriger, der regelmäßig in Kirchheim auf Beutezüge geht, befindet sich nun wegen Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft.  Von Andreas Volz

Vorab die gute Nachricht für alle diejenigen, die der Bericht vom notorischen Ladendieb in Kirchheim hat aufhorchen lassen: Der Verdächtige befindet sich seit Mittwoch in Untersuchungshaft – vorerst. Allerdings steckt im Wörtchen „vorerst“ bereits die weniger gute Nachricht: Untersuchungshaft ist nicht das richtige Mittel, um ein solches Problem dauerhaft zu lösen. Sie ist noch nicht einmal das, als was es manch einer in einem Anflug erster Erleichterung wahrnehmen mag. Sie dient nicht dazu, jemanden „einfach mal wegzusperren“. Untersuchungshaft wird lediglich „zur Sicherung des Verfahrens“ angeordnet, wie Erste Staatsanwältin Melanie Rischke, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart, dem Teckboten auf Anfrage mitteilt.

Eine Untersuchungshaft lässt sich auch nicht einfach mal so anordnen. Dafür braucht es triftige Gründe: Dass der Verdächtige geflohen ist oder sich verborgen hält, dass Fluchtgefahr besteht, Verdunkelungsgefahr oder eben auch Wiederholungsgefahr. Im vorliegenden Fall, in dem ein 25-Jähriger somalischer Staatsangehöriger mehrfach und wiederholt Ladendiebstahl begangen und sich bei einer ersten Festnahme zur Feststellung seiner Personalien auch heftig gewehrt hatte, war also die Wiederholungsgefahr der Grund, warum die Untersuchungshaft schließlich angeordnet wurde.

 

Wenn es ein Konzept gäbe, 
würden wir es schon längst anwenden.
Polizeisprecher Christian Wörner
über das Problem. dass es keine wirkliche Diebstahl-Prävention gibt

Freilich war es bis dahin nicht nur bei der Gefahr geblieben: Nur wenige Tage nach dem Vorfall, über den wir am 7. Januar berichtet hatten, wurde der Mann erneut auf frischer Tat ertappt und festgenommen. Dieses Mal beantragte die Staatsanwaltschaft die Untersuchungshaft, über die ein Haftrichter am Amtsgericht Nürtingen zu entscheiden hatte. „Die Untersuchungshaft ist noch keine Strafe“, betont Melanie Rischke.

Nun wartet auf den Beschuldigten also der Prozess. Insgesamt liegen am Amtsgericht Kirchheim bereits drei Anklagen gegen ihn vor, wie die Staatsanwältin weiter berichtet. Zum Verfahren kann sie nicht viel sagen, weil sie nicht vorgreifen kann. Erwartbar wäre in vergleichbaren Fällen wohl eine Freiheitsstrafe von circa einem Jahr. Diese Strafe könnte dann aber immer noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Das hängt von den Sozialprognosen ebenso ab wie von der Frage, ob es entsprechende Vorstrafen gibt oder nicht. Es sei aber eher ungewöhnlich, wenn eine Strafe von einem Jahr bei der ersten Verurteilung auch angetreten werden muss. Normal wäre in diesem Fall tatsächlich die Bewährung.

Melanie Rischke macht abschließend noch einmal deutlich, dass sie nicht diejenige ist, die hier ein Urteil fällen kann – weder jetzt noch zu einem späteren Zeitpunkt: „Wie das Verfahren ausgeht und zu welchem Urteil es kommt, zeigt sich in der Hauptverhandlung.“

„Da gibt es keine Prävention“

Ein Anruf bei der Polizei ergibt, dass sich Ladendiebstähle nicht völlig verhindern lassen: „Da gibt es keine wirksame Prävention“, sagt Christian Wörner, Pressesprecher bei der Polizeidirektion Reutlingen. „Wenn es ein Konzept gäbe, würden wir es ja schon längst anwenden.“ Die Polizei kann also – wie auch die Staatsanwaltschaft und das Gericht – nur reagieren, nachdem es zum Diebstahl gekommen ist. Auch Christian Wörner zählt die Gründe auf, von denen mindestens einer gegeben sein muss, um eine Haft anzuordnen. Wenn keiner dieser Gründe vorliegt oder vom Haftrichter anerkannt wird, ist der mutmaßliche Täter nach Feststellung der Personalien wieder zu entlassen – auch wenn noch so eindeutige Indizien gegen ihn sprechen. Im vorliegenden Fall komme für den Verdächtigen erschwerend hinzu, dass er sich auch rabiat zur Wehr setze: „Wenn er gewaltsam versucht, im Besitz seiner Beute zu bleiben, wird aus dem Diebstahl ein räuberischer Diebstahl.“

Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader zeigt sich erleichtert, dass dem Staat nun endlich eine Handhabe gegeben ist: „Es ist gut, dass der Mann jetzt nach frischer Tat aufgegriffen werden konnte. Wenn sein Vorgehen auf Dauer keinerlei Konsequenzen hätte, wäre das ein ganz schlechtes Zeichen nach außen. Öffentlich wäre das gar nicht mehr darstellbar.“

Langfristig bleibt die Frage, wie es weitergeht. Sollte keine Besserung eintreten, dürfte der Mann auf Jahre hinaus zwischen Strafvollzug und Freiheit pendeln – solange er in Freiheit weiterhin Diebstähle begeht: Jemanden präventiv einzusperren, vielleicht sogar auf Jahre hinweg, ist wegen Ladendiebstahls so nicht vorgesehen.