Kirchheim
Der Liebe wegen: vom Ländle nach Cornwall

Kultur Lauer Abend trifft auf luftig leichte Sommerlektüre – Bestsellerautorin Elisabeth Kabatek begeistert mit einem bunten Mix aus Kabarett und Lesung. Von Sarah Polzer

Die Glocken schlagen gerade 19  Uhr, da öffnen sich die Tore der Freihofrealschule und das mitten in den Sommerferien. Vor dem Schlössle steht eine kleine Bühne mit einem runden weißen Tisch auf dem sich Souvenirs mit britischer Flagge türmen. Davor erstrecken sich Reihen aus Plastikstühlen, die sich nach und nach füllen. Ein Großteil des Auditoriums sind Frauen. Nur wenige Männer wagen sich ins Publikum. 

Gespannt warten die Zuhörerinnen und Zuhörer bis es endlich soweit ist – Elisabeth Kabatek ergreift das Mikrofon: „Von Barcelona kam ich zurück ins Ländle und bin dabei auf einige kulturelle Unterschiede gestoßen“, beginnt sie ihre Rede.

Mit ihrem ersten Bestseller „Laugenweckle zum Frühstück“ aus dem Jahr 2008 hatte alles angefangen. „Weitere Bücher waren überhaupt nicht geplant.“, erzählt sie. In der Lesung stellt sie ihre neuesten Romane „Chaos in Cornwall“ und die Fortsetzung „Ein Cottage in Cornwall“ vor. Jedoch setzt sich die Autorin nicht einfach auf ihr Stühlchen und liest gemütlich die Zeilen ihres Buches. Im Gegenteil – eine Lesung mit Frau Kabatek verspricht einen aufregenden Mix aus Lesung, Musik und Kabarett.

 

Es gibt wenige Romane über Frauen, die auch im Alter ihre Liebe finden, doch auch sie haben es verdient.
Elisabeth Kabatek

 

Der Jazzmusiker Böny Birk begleitet die Schwäbin den ganzen Abend über mit Keyboard und dem Akkordeon. Kaum hat er die Tasten des Keyboards gedrückt, wippen schon die ersten Damen sanft mit dem Fuß auf und ab. Die Autorin schaut in der Runde umher, dreht den Kopf nach links und rechts und fragt mit heller Stimme, wer schon mal in Cornwall gewesen sei. Die Hälfte meldet sich. „Mai und Juni – das ist die beste Zeit, um nach Cornwall zu fahren! Alles blüht und die Engländer haben zu dieser Zeit keinen Urlaub. Ach Cornwall ist so schön“, schwärmt Kabatek. Gleich mehrere Wochen verbrachte sie an diesem für sie so magischen Landstrich.

Dort fand sie auch die Inspiration für ihre neuesten Werke. „Es gibt so wenige Romane über Frauen, die auch im Alter ihre Liebe finden, doch auch sie haben es verdient“, haucht Elisabeth Kabatek ins Mikrofon, dann be­ginnt sie das erste Kapitel aus „Chaos in Cornwall“ zu lesen. Während des Lesens hebt sie ihre Stimme auf und ab und blickt dabei regelmäßig ins Publikum, das bei den bildlichen Beschreibungen des Horror-Dates der Protagonistin Margarethe immer wieder schmunzelt. Margarethe ist schon 50, sie ist Single und hat ihren Job erst kürzlich verloren, weil sie durch eine jüngere Frau ersetzt worden war. Mit ihrer Internetbekanntschaft Roland hatte sie einen vermeintlichen Traumurlaub mit einem Traummann gebucht – dachte sie. Die Realität allerdings wirft sie zunächst in ein noch viel tieferes Loch. Zusätzlich diagnostiziert ihre Mutter ihr aus der Ferne eine Midlife-Crisis.

Gebannt lauschen die Zuhörerinnen und Zuhörer der Autorin, die den Charakteren ihrer Romane nicht nur ihre Stimme leiht, sondern sie mit Leben füllt: „Das ist kein Schnarchen, das ist Körperverletzung“, heißt es in einem Abschnitt. Dabei verzieht sie die Miene und rümpft die Nase. Die Situation in der sich die Protagonistin wiederfindet, ist sichtlich spürbar.

Innerhalb von Sekunden wird die Lesung zum Konzert, die Autorin zur Kabarettistin und die Zuschauerinnen und Zuschauer in eine ganz andere Welt entführt. Elisabeth Kabatek beginnt langsam singend auf Englisch, ruhig, fast zurückhaltend und wechselt dann in die Rolle der temperamentvollen Schwäbin mit lauter Stimme. So wird aus dem schottischen Seemannslied „Wellerman“ von Nathan Evans kurzerhand die schwäbische Version der „DooWop Mädle“ aus Esslingen mit dem Titel „Mach i Kartoffelsalat“.

Musik spielt auch in den Büchern eine zentrale Rolle. Margarethe lernt auf ihrer Reise die Ex-Punkerin Lori kennen. Im darauffolgenden Roman „Ein Cottage in  Cornwall“ verliebt diese sich zum ersten Mal und das mit 61 Jahren! Beide Bücher thematisieren die Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmtheit einer Frau Ü50.

Elisabeth Kabatek ermutigt dazu, sich auch im mittleren Alter nochmal auf die Liebe einzulassen, nochmal dieses Gefühl von frischem Verliebtsein zu spüren und sich so den Geist der Jugend zu bewahren. Dating ist also keine Frage des Alters, sondern der Einstellung.

Nach der Veranstaltung steht ein Tisch mit allen Romanen von Elisabeth Kabatek zum Verkauf bereit. Eine lange Schlange bildet sich vor der Autorin. Eifrig blättern die Damen in ihren neu erworbenen Schätzen und unterhalten sich munter über das Event. Elisabeth Kabatek spricht mit ihren Leserinnen, macht Fotos mit ihnen und nimmt sich für jede ausreichend Zeit, um persönliche Botschaften in die Bücher zu schreiben.

Eine Frau läuft zwischen den Büchern umher, streckt der Autorin den neuesten Roman zum Unterschreiben entgegen und zeigt dann mit dem Finger auf einen älteren Roman mit dem Titel „Kleine Verbrechen erhalten die Freundschaft“: „Des isch mei Lieblingsbuch, das wird bestimmt mal verfilmt!“, prophezeit sie. Ob sie Recht behalten wird?