In vielfältiger Weise spiegelt der Kirchheimer Kunstweg die Stadtgeschichte wider. Die Geflügelplastik von Fritz Melis und Hanne Schorp-Pflumms „Saubauer“ erinnern an Kirchheims bedeutende Tradition als Marktstadt.
Mit Fritz Melis hat ein bildhauerisches Schwergewicht seine Spuren am Rand des Kirchheimer Schlossplatzes hinterlassen. Schon früh begegnete der 1913 geborene Künstler der Tradition naturalistischer Tierplastik, die an der Kunstakademie seiner Heimatstadt Berlin gepflegt wurde. 1946 kam Melis nach Stuttgart. In der Aufbruchstimmung der Nachkriegsjahre schloss er sich dem Bildhauer Otto Baum und dem Maler Walter Wörn an. Deren reduzierte und fließende Formensprache übte zunächst einen starken Einfluss aus. Doch die Auseinandersetzung mit dem Kubismus führte zum Stilwandel. Melis’ Formen wurden geometrischer und kantiger. Ein Zug in die gemäßigte Abstraktion, der auch an seiner 1972 entstandenen Kirchheimer Geflügelmarktgruppe zu studieren ist. Die aufgeplusterte Gestalt des dominanten Truthahns geht hier aus einer bronzenen Quaderform hervor.
Melis’ Lehrtätigkeit an der TH Stuttgart und sein enger Austausch mit Architekten verschoben den Schwerpunkt seiner Arbeit in den Bereich der Bauplastik. Seit den 50er-Jahren war Melis mit zahlreichen Aufträgen für die Kunst am Bau befasst. Stark abstrahierte Vogelschwärme und in Bronze gegossene Vogelgruppen werden sein Markenzeichen.
Gefiedert ist auch Melis’ bekanntestes Werk: der gemeinsam mit Ludwig Gies gefertigte Bundesadler prangt in allen Plenarsälen des deutschen Bundestags. 1982 verstarb Fritz Melis in Bietigheim. Regelmäßig war der Bildhauer mit dem Zeichenstift in zoologischen Gärten unterwegs. Denn stets stand für ihn die lebendige Skizze am Anfang: „Es ist mein Anliegen, das jeweilige Tier so typisch wie möglich zu gestalten“, sagte Melis über seine Arbeit, „alle Schau ist mir zuwider“.
Widerstand in der Kunstszene
Beinahe hätte Kirchheim eine zweite Plastik von Melis erhalten. Doch sein kubistischer Entwurf für den Schweinemarkt stieß in der lokalen Kunstszene auf Widerstand. Als satirische Reaktion auf das eckige Borstenvieh rief E. O. Kröger, legendärer Galerist und Inhaber der „Roten Apotheke“, die Kirchheimer „Schweine-Documenta“ aus. So machte schließlich 1983 Hanne Schorp-Pflumms bronzener „Saubauer“ das Rennen.
Die 1921 in Stuttgart geborene Bildhauerin war Meisterschülerin von Fritz Graevenitz, dessen elegante Pferdeplastik auf dem Kirchheimer Rossmarkt zu sehen ist. Weitere Studien führten Schorp-Pflumm an die Münchner Kunstakademie. Neben Arbeiten für den öffentlichen Raum fertigte sie Porträtbüsten bekannter Persönlichkeiten, wie dem Bundespräsidenten Walter Scheel, dem Stuttgarter Oberbürgermeister Arnulf Klett und der Malerin Ida Kerkovius. 1990 ist die Künstlerin in Stuttgart verstorben. In Büsnau hält eine Gedenktafel an Wohnhaus und Atelier die Erinnerung an Hanne Schorp-Pflumm wach.