Kirchheim. Das Hinunterschubsen über eine Treppe mit der Absicht, einen Menschen zu töten, konnte die Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts nach mehreren Verhandlungstagen einem 57-jährigen Kirchheimer nicht mehr anlasten. Eine Tötungsbilligung fällt laut dem jetzt verkündeten Urteil ebenfalls weg. Damit endete der „Kirchheimer Treppensturz-Fall“ mit der Verhängung von einem Jahr und zehn Monaten Haft gegen den 57-Jährigen, ausgesetzt zur Bewährung.
In der Urteilverkündung stellte das Gericht jetzt fest, dass die Vorwürfe des versuchten Totschlags, die Beleidigung und die besonders schwere räuberische Erpressung nicht nachweisbar waren und der Angeklagte nur noch wegen gefährlicher Körperverletzung – und zusätzlich wegen Vergewaltigung gegenüber seiner getrennt von ihm lebenden Ehefrau schuldig sei. Die Richter mussten davon ausgehen, dass die Beteuerung des aus Vietnam stammenden Angeklagten richtig sei, wonach er sich an ein Hinunterstoßen seines Wohnungsnachbarn auf der Treppe nicht erinnern konnte. Zugute gehalten wurde ihm im Urteil auch, dass er sich um den durch den Treppensturz erheblich verletzten Mann gekümmert und ärztliche Hilfe herbeigerufen hatte. Damit war auch juristisch gesehen der Vorwurf einer versuchten Tötung nicht mehr haltbar.
Gesamtstrafe ausgehandelt
Dagegen wurde das Bestreiten der Vergewaltigung gegenüber der Ehefrau von Seiten des 57-Jährigen von den Richtern zunächst erheblich angezweifelt – bis schließlich auch hierzu am letzten Verhandlungstag der Mann dieses Verbrechen einräumte. Nur durch dieses Geständnis war es schließlich möglich, eine zuvor ausgehandelte Gesamtstrafe zu bilden, die die Zweijahresgrenze nicht überschreitet. Davon wurden jetzt im Urteil nochmals zwei Monate abgezogen, sodass es bei der Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten bleibt, die zudem zur Bewährung ausgesetzt wurde, da die Vergewaltigung im persönlichen Umfeld angesiedelt war.
Eingeschlossen in den jetzt verkündeten Schuldspruch ist auch eine körperliche Attacke des Angeklagten gegen seinen eigenen 19-jährigen Sohn, der dabei leichte Verletzungen erlitt. Das Geständnis, das der Angeklagte auch hierzu ablegte, hatte er zuvor mit seinem Verteidiger abgesprochen, nachdem der Vorsitzende der Strafkammer seine Strafvorstellungen bekannt gab.
Schon vor einer guten Woche war der Angeklagte aus der Untersuchtungshaft entlassen worden, da der Vorwurf des versuchten Tötungsdelikts nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte. Bernd Winckler