Kirchheim
Der Wiedehopf ist zurück

NaturschutzEr ist der Punk unter den Vögeln und die Art des Jahres 2022. Noch in den Sechzigern zog er rings um Kirchheim Nachwuchs groß. Heute steht der Wiedehopf auf der Roten Liste. Die Qualität seiner Lebensräume hat sich lange verschlechtert. Von Daniela Haußmann

In Deutschland gilt der Wiedehopf als gefährdet. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts brütete er im Landkreis Esslingen. Allein um Kirchheim wurden in den Sechzigerjahren laut dem Nabu-Landesverband Baden-Württemberg 15 Brutpaare gezählt. Die verschwanden nur eine Dekade später aus der Landschaft. Seither werden fast nur noch einzelne Exemplare zur Zugzeit gesichtet. So etwa 2020 zwischen Weilheim und Hepsisau, wie Jens Häußler von der Obst- und Gartenbauberatung des Landratsamtes Esslingen berichtet.

Die Gründe für den Rückgang der Vogelart sind vielfältig. Über Jahrzehnte hinweg ist ihr Lebensraum auch im Landkreis geschrumpft und hat sich laut Häußler qualitativ verschlechtert. Durch die fortschreitende Intensivierung und Mechanisierung der Landwirtschaft, den Einsatz von Pestiziden, Monokulturen, Bodenverdichtung oder der Umwandlung von Wiesen und Weiden in Acker- oder Bauland verschwanden etliche Pflanzen- und Tierarten aus der Landschaft. In die gleiche Richtung wirkt der Verlust von Kleinstrukturen wie Wegränder, Trockenmauern, Feldraine, Büschen oder artenreichen Blumenwiesen. Nahrungsnetze, in die auch der Wiedehopf eingebunden ist, sind so verarmt.

Nicht zuletzt deshalb ist es eine Sensation, dass 2017 nach gut 50 Jahren im Landkreis wieder ein Wiedehopf-Paar im Raum Neuffen in einer Obstbaumhöhle erfolgreich gebrütet hat, wie Wilfried Schmid vom Nabu-Ortsverband Nürtingen berichtet. Denn auch die wachsende Freizeitnutzung von Streuobstwiesen, etwa für Partys und Grillevents, machen dem Wiedehopf und anderen Arten zu schaffen. Jens Häußler bestätigt den Trend, der die lokale Lebensraumqualität beeinträchtigt. So werde die Ansiedlung und der Bruterfolg gerade auch gefährdeter Spezies wie dem Wiedehopf erschwert. Um die Biotopqualität, und damit auch das Nahrungsangebot, zu verbessern, gilt es für Wilfried Schmid, Streuobstbestände durch Bewirtschaftung zu erhalten.

Denn die weisen von der Baumkrone bis zum Boden ein breites Spektrum an Habitaten auf, das durch die unterschiedliche Nutzung der Gütlesbesitzer gefördert wird, wie Helmut Reichenecker vom Nabu Beuren-Neuffen erklärt. Nicht umsonst zählen sie mit bis zu 5000 Tier- und Pflanzenarten zu den artenreichsten Ökosystemen. In solchen kleinstrukturierten Arealen findet der Wiedehopf ein Refugium. Das gilt auch für seine Beute, die hauptsächlich aus Großinsekten, wie Maulwurfsgrillen, Schmetterlingsraupen, Engerlingen und Käfern besteht. Aber auch Asseln, Tausendfüßler, Regenwürmer und kleine Wirbeltiere, wie Eidechsen, verspeist er.

Seine Beute entdeckt Upupa epops, wie der Wiedehopf in der Wissenschaft heißt, am Boden. Die jagt er bevorzugt in halboffenen bis offene Landschaften mit warm-trockenem Klima und kurzer, schütterer Pflanzendecke. Diese Voraussetzungen bieten unter anderem Streuobstwiesen, auf denen durch Bewirtschaftung verhindert wird, dass sie verbuschen. Da Upupa epops ein Ganz- und Halbhöhlenbrüter ist, profitiert er laut Wilfried Schmid von Streuobstbeständen, die eine vielfältige Altersstruktur aufweisen. Gerade in alten, teilweise auch schon abgestorbenen Bäumen, findet der Vogel etwa Spalten oder Faulhöhlen zur Jungenaufzucht. Jens Häußler rät daher Hochstämme zu pflanzen. Sie seien in der Lage einen Stamm- und Leitastumfang zu entwickeln, der eine Höhlenbildung überhaupt erst zulässt.

Um die Bewirtschaftung und damit den Erhalt der Obstwiesen als vielfältigen Lebensraum zu unterstützten, plädiert Wilfried Schmid dafür, etwa kommunal Geräte wie Hochentaster oder Balkenmäher, zur Ausleihe bereitzustellen. Ebenso vorstellbar ist für ihn, dass Obst- und Gartenbauvereine gegen Gebühr Pflegeleistungen anbieten oder Landwirte Wiesen abmähen, soweit die Baumabstände es zulassen. Das Schnittgut könnten sie verwerten oder verkaufen. Außerdem lässt sich die Ansiedlung von Brutpaaren mit Wiedehopf-Nistkästen fördern, die am besten im Gartenhaus verbaut und über ein Loch, 60 Zentimeter über den Boden, zugänglich sind.

Bedrohter Zugvogel brütet gern in Höhlen

Der Wiedehopf steht hierzulande auf der Roten Liste. Der Nabu schätzt, dass im Südwesten 110 bis 210 Brutpaare leben. Bundesweit sind es 800 bis 950. Obstwiesen,
Weinberge, Sandabbaugebiete, höhlenreiche Waldränder und extensiv bewirtschaftete Weiden sind Lebensräume des Zugvogels. Er überwintert in Zentralafrika und brütet von April bis Juli in Mitteleuropa. Er ist ein sekundärer Höhlenbrüter, das heißt, er nutzt vorhandene Höhlungen.
Mögliche Brutplätze sind Baumspalten, Spechtbäume, Mauerspalten, Erdlöcher oder Felshöhlen. Bei der Ausbreitung und Ansiedlung von Brutpaaren profitiert die wärmeliebende Art vom Klimawandel. dh