Kirchheim
Der Messerstecher muss viereinhalb Jahre in Haft.

Kriminalität Der 52-jährige Täter und das 34-jährige Opfer kannten sich bereits. Sie saßen gemeinsam hinter Gittern.

Kirchheim. Ein Messerstich in den Hals eines Opfers in einer Kirchheimer Wohn-Unterkunft ist juristisch geklärt – und jetzt auch vom Stuttgarter Landgericht gesühnt worden. Der 52-jährige russischstämmige Täter wurde gestern zu der Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren, plus Einweisung in eine geschlossene Alkoholentzugseinrichtung verurteilt.

Das Ungewöhnliche dieses Falles, mit dem sich die Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts zweieinhalb Wochen lang befassen musste, war der Umstand, dass sowohl der Täter als auch das Opfer keinerlei Erinnerung mehr von der eigentlichen Tat hatten. Zumindest den vom Angeklagten geltend gemachten Filmriss dazu nahmen ihm jedoch die Richter nicht ab, obwohl er – wie auch der durch den Stich schwer verletzte Mann – an jenem 4. November vergangenen Jahres erheblich unter Alkoholeinfluss stand. Er hatte trotzdem gewusst, dass der Einsatz seines Messers in den Hals des Opfers lebensgefährlich sein kann, ist sich die Staatanwaltschaft sicher. Daher lautete die Anklage auch auf ein Verbrechen des versuchten Totschlags.

Davon rückten die Stuttgarter Richter allerdings in dem gestern verkündeten Urteil ab und werteten den Messerstich nur noch als eine gefährliche Körperverletzung, die mit der Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren gesühnt wurde. Es sei nicht nachweisbar, dass er mit dem Messerein­satz tatsächlich den Mann zu töten versuchte. Dazu ordnete das Gericht jedoch noch die Einweisung des 52-Jährigen in eine geschlossene Alkoholentzugseinrichtung an. Dort soll auch seine Drogensucht behandelt werden, denn schließlich waren er und das Opfer an jenem Novemberabend erheblich betrunken und dazu noch leicht bekifft.

Beide kennen sich zudem aus einem gemeinsamen früheren Gefängnisaufenthalt. Nach der Haftentlassung hatte der 34-Jährige den Angeklagten in seiner Einzimmerwohnung der Unterkunft Lindorfer Weg in Kirchheim aufgenommen. Was letztlich zu dem folgenschweren Messerstich in den Hals führte, konnte auch das Gericht nicht feststellen. Das Opfer hatte dazu nichts gesagt, erinnerte sich nur noch daran, dass er mit dem Messer im Hals steckend aus der Wohnung geflüchtet war, und zwar durch den Sprung aus dem Fenster. Bernd Winckler