Eine der großen Hallen der Deula (Deutsche Lehranstalt für Agrartechnik) in Kirchheim unterscheidet sich ziemlich von jeder Industriehalle: Beton sucht man am Grund vergebens. „Gewachsener Boden“ findet sich hier, darauf wurde nochmals Erde geschichtet, damit Menschen in Ausbildung das Arbeiten mit der Scholle lernen. Das sind beispielsweise angehende Landschafts- oder Staudengärtner oder Azubis in anderweitig „grünen“ Berufen. Die sollen dort unter anderem den Umgang mit der Fräse lernen.
Theorie ist das eine. Dabei lernen die Azubis, wie das Gerät aufgebaut ist, wie man es bedient und weshalb es eingesetzt wird. Doch wie fühlt sich so eine Fräse an, wenn tatsächlich der Boden umgearbeitet wird, und auf was muss der Benutzer schon aus Sicherheitsgründen achten? Das alles wird in Kursen in der Deula gelehrt. Aktuell ist die Halle von einer Gruppe Landschaftsgärtner-Azubis in Beschlag. Scheinbar wild spannen sich Seile in unterschiedlicher Höhe über den unebenen Boden, Messgeräte stecken in den Abschnitten. Die Stimmung ist gut unter den jungen Menschen, auch der Ausbilder ist voll des Lobs über die Aspiranten. Die Jungs und Mädels üben gerade, wie eine Eigenheim-Terrasse eingemessen wird.
Die Deula ist unerlässlich für die Ausbildung junger Menschen in „grünen“ Berufen in Baden-Württemberg – sie ist „die einzige ihrer Art“ im Ländle. Doch sie ist ordentlich in die Jahre gekommen, Stichwort Sanierungsstau. Heizung, Isolation, Elektro- und Übernachtungsstandard – in vielen Teilen noch im Urzustand von vor Jahrzehnten vorhanden. Dass Handlungsbedarf besteht, ist unumstritten, aber wie finanzieren? 1,9 Millionen Euro stehen im Raum.
Die Ausbilder sind alle motiviert
Um sich ein Bild von der Lage zu machen, waren Andrea Bogner-Unden, Grünen-Mitglied des Ausschusses für Ländlichen Raum, und Andreas Schwarz, Grünen-Fraktionsvorsitzender und örtlicher Landtagsabgeordneter, vor Ort. Andreas Schwarz kennt die Örtlichkeit bestens. Vor zig Jahren hat er dort als junges Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Kirchheim einen Motorsägekurs absolviert. Dieses Erlebnis eint ihn mit Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader. Auch er ist am Bestand der Einrichtung interessiert, die Stadt ist mit 15 Prozent Anteilseignerin der Deula.
Marco Riley ist dort seit geraumer Zeit Geschäftsführer. Sein Wille zur Modernisierung der Einrichtung klingt in jeder seiner Äußerungen mit. „Unsere Ausbilder sind alle hochmotiviert“, lobt er seine Mitarbeiter. Die bringen den jungen Menschen die neue Maschinentechnik nahe, egal ob von Schlepper, Sähmaschine oder Heuwender. Homeoffice trifft auf jeden neuen Traktor zu. Er ist nicht nur fahrzeugtechnisch auf dem neuesten Stand, sondern hat seinen Computer an Bord. All das muss bedient werden können.
Mit der Klimakrise und der damit einhergehenden Energiewende bekommen die „grünen“ Berufe ein ganz neues Gewicht. Deshalb engagiert sich der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg stark an der Deula. Wie den Häuslesbauer beraten, damit kein Hitzekollaps in der Siedlung oder der Innenstadt geschieht? Das setzt Wissen und Können voraus. Auch die Industriegebiete sollen ökologischer werden. Dachbegrünung und Photovoltaik schließen sich nicht aus, im Gegenteil, die Verdunstungskälte tut den Modulen gut. Die „grünen“ Berufe haben also richtig Zukunft.
Doch jede Theorie läuft ins Leere, wenn es keine Menschen gibt, die sie umsetzen. Deshalb will Andrea Bogner-Unden Konzepte erarbeiten, damit in Schulen wieder mehr Augenmerk auf die praktischen Berufe gelegt wird – sie den gleichen Stellenwert bekommen, wie die akademischen. Martin Joos, Vorstandsvorsitzender des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg, ist ein Beispiel dafür. Zur Enttäuschung des einen oder anderen Familienmitglieds entschied er sich nach Lehre, Studium und Berufserfahrung für die Selbstständigkeit – und damit für die handwerkliche Arbeit. „Da sehe ich, was ich geschaffen und erschaffen habe. Pläne erstellen kann ich auch zur Gartengestaltung für meine Kunden, da muss ich nicht als Landschaftsarchitekt tätig sein“, sagt er.