Kirchheim
Die Angst vor dem großen Frieren

Heizen Steigende Preise für Gas und Heizöl haben einen Boom von alternativen Energiearten in Gang gesetzt, der den Markt nahezu leer fegt. Von Cornelia Wahl

Die Meldungen über einen möglichen Mangel an Gas und Heizöl, und die damit einhergehenden steigenden Energiepreise, scheinen kein Ende nehmen zu wollen. Dann kommt jetzt auch noch die gerade von der Bundesregierung beschlossene Umlage für Gaskunden obendrauf – soll vermutlich ab Oktober greifen –, die zusätzlich zu den schon deutlich gestiegenen Heizkosten mit 1,5 bis fünf Cent pro Kilowattstunde ein Loch ins Budget reißen wird. Sparen ist also das Gebot der Stunde. Wer es sich leisten kann und die Möglichkeiten hat, steigt auf eine alternative Heizart oder eine günstigere Zusatzheizung um.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Noch nie habe er so einen langen Vorlauf an Terminen gehabt wie derzeit, berichtet Wolfgang Thiel, Heizungsbauer in Dettingen. „Die Nachfrage nach alternativen Heizmöglichkeiten ist so hoch, dass ich nicht mehr hinterherkomme. Wer jetzt bei mir einen Beratungstermin wünscht, zu dem komme ich im März 2023“, erzählt er. Zwar sei die Nachfrage nach Holzöfen schon während der Corona-Pandemie angestiegen, doch mit Beginn der kriegerischen Handlungen in der Ukraine im Februar habe der Boom erst richtig eingesetzt.

 

Bei uns boomt es gerade mit den Kaminöfen. Wenn man jetzt einen haben will, bekommt man ihn dieses Jahr nicht mehr.
Marius Kaselitz, Ofenbauer aus Kirchheim

Viele von Thiels Kundinnen und Kunden trennen sich demnach von einer Gasheizung und setzen auf Wärmepumpen oder Pelletsheizungen, wofür es derzeit vom Staat Fördergelder gibt. Allerdings bekommt er für diese Anlagen derzeit kein Material. Wer beispielsweise jetzt noch eine Wärmepumpe haben möchte, hat Pech gehabt. Aufgrund der enorm gestiegenen Nachfrage ist die Ware vergriffen. Für die Produktion fehlt das Material und das Personal. „Und dann dauert es noch, bis die Hersteller ihre Produktion wieder hochfahren können, um eine große Menge produzieren zu können“, sagt der Heizungsbauer.

Andererseits sind da noch diejenigen, die sich für zusätzliche Heizmöglichkeiten wie Kamin- oder Kachelöfen interessieren. Aber auch hier sind die Lieferzeiten lang. Ein weiteres Problem ist zum einen der Preis, der beim Material in die Höhe schnellt und eine verbindliche Preiszusage unmöglich macht, und zum andern das fehlende Fachpersonal. Es sei schwierig, gute Leute zu bekommen, weil auch der technische Anspruch immer höher werde. Deshalb setzt Wolfgang Thiel auf Quereinsteiger, die er einlernt. Flexibilität ist auch bei der Materialbestellung gefragt. Hier schaut der Dettinger Handwerker, dass er fürs nächste Jahr das Material auf Lager bestellt. Ein Gutes hat die Situation aber: „Ich kann jetzt schon sagen, dass wir durch die hohe Nachfrage eine etwas bessere Rendite haben und ich meine Mitarbeiter besser bezahlen kann“, sagt Wolfgang Thiel.

Bei Marius Kaselitz, Ofenbauer aus Kirchheim, sieht es nicht besser aus. „Bei uns boomt es gerade mit den Kaminöfen. Wenn man jetzt einen haben will, bekommt man ihn dieses Jahr nicht mehr. Wir haben Lieferzeiten von mindestens einem halben Jahr.“

Viele Eigenheimbesitzer lassen sich Kaminöfen in Kombination mit einem Edelstahl-Außenschornstein nachrüsten. Die seien momentan in relativ kurzer Zeit zu bekommen. „Wir fahren zu den Kunden, um sie zu montieren, weil das der größte Aufwand ist“, sagt er. Die Kaminöfen werden dann später installiert, wenn sie verfügbar sind. Auch wer scheinbar rechtzeitig bestellt hat, muss Geduld aufbringen. Ob im Winter schon mit Holz geheizt werden kann, hängt davon ab, wann der Auftrag erteilt wurde. „Wir arbeiten, wie das Material kommt. Die Lieferzeiten waren Anfang des Jahres schon länger. Auch da lag die Lieferzeit bei drei oder vier Monaten“, erklärt Marius Kaselitz die Lage.