Auffälliges Make-up, glitzerndes Bühnen-Outfit oder ausgefeilte Tanzchoreo — all das braucht Jelena Kuljic nicht. Die Sängerin der Band „KUU!“ trägt ein schlichtes weißes T-Shirt unter dem schwarzen Sakko, wiegt sich mit der Musik und hat die Augen beim Singen meistens geschlossen. Trotzdem konnten die Zuschauer im Kirchheimer Club Bastion den Blick nicht von ihr wenden - zu groß war ihre Bühnenpräsenz. Mal quietschte sie, mal schrie sie, dann wieder verfiel sie in Sprechgesang und betonte jedes Wort überdeutlich. „Die Frau ist ein Ereignis“, fasste es eine Zuschauerin zusammen.
Er verwundert nicht, dass Kuljic neben der Musikbühne auch auf der Theaterbühne zu Hause ist. Bereits gestern Abend stand sie wieder auf der Probebühne in München, wo sie bei den Kammerspielen für das Stück „König Lear“ probt. Es ist keine leichte Aufgabe, als Rest der Band bei dieser beeindruckenden Frontfrau nicht unterzugehen. Doch die drei Männern schafften es, denn auch vom Rest der Band war das Publikum begeistert. Von Christian Lillinger, der am Schlagzeug alles gab und von Musikkritikern als großer Innovator des europäischen Jazz-Schlagzeugspielens bezeichnet wurde, und von den grandiosen Gitarristen Kalle Kalima und Frank Möbus. Die drei Musiker haben sich allesamt in der Jazz-Szene einen Namen gemacht und sind mit weiteren Bands unterwegs. So ist es fast schon ein kleines Wunder, wenn die vier einen Termin finden, an denen sie alle Zeit haben. In Kirchheim war die Band zum zweiten Mal. Im November 2014 traten sie bereits in der Bastion auf.
Ernsthaft und doch leicht
Mit 40 Besuchern war das Publikum überschaubar. Einige Stühle blieben sogar frei. Beim Applaus hörte man das allerdings nicht. Nur beim ersten Stück brauchten die Zuhörer ein paar Sekunden, bevor sie in lauten Applaus verfielen - was aber vor allem daran lag, dass das Stück recht unvermittelt endete.
Obwohl die Stücke von ernsten Themen wie der Flüchtlingsthematik handeln, zeigte sich die Band nahbar und witzelte zwischen den Stücken mit dem Publikum. So nahmen sie es mit Humor, als die Gitarrensaite von Frank Möbus gerade Mal eineinhalb Lieder hielt, bevor sie riss. Kein Problem, da wurde schnell zwischen den Stücken eine neue aufgezogen. „Zeit für eine lange Ansage“, scherzte Kuljic. Die übernahm Gitarren-Kollege Kalle Kalima und philosophierte darüber, welche richtige Art es gibt, eine Saite zu wechseln - nämlich nur eine. Das Publikum lachte herzhaft, und Möbus bekam einen Zwischenapplaus, als die Gitarre wieder einsatzbereit war. Da die Band ein Set spielte, gab es keine Pause. Deshalb forderte Sängerin Kuljic die Zuhörer auf, bloß keine falsche Scheu zu haben und auch während der Stücke zur Bar zu gehen. „Wir sind da nicht so“, beteuerte sie schmunzelnd.
Aber was war es eigentlich, was die Band spielte? Jazz? Dafür war es zu atmosphärisch. Punk? Dafür zu disharmonisch. Die Band will sich gar nicht erst in Schubladen stecken lassen. „Wir spielen einfach Songs“, fasste es Schlagzeuger Christian Lillinger lapidar zusammen. Mal eingängig, mal herausfordernd, mal roh. Manchmal schien es, als spielte jeder Musiker sein eigenes Stück, das sich mit den anderen übergangslos und mühelos zu einem großen Ganzen zusammenfügte. Dem Publikum jedenfalls gefiel die eigenwillige Mischung. Mit geschlossenen Augen und wiegendem Oberkörper hörte das Publikum bei den ruhigeren Liedern zu und konnte nicht ruhig halten, wenn das Schlagzeug furios die Kontrolle übernahm. Und so verlangte das Publikum lautstark nicht nur eine, sondern auch eine zweite Zugabe, die die Band fast schon entschuldigend ablehnte.