Kirchheim. Gedämpftes Licht taucht das alte Gewölbe der Bastion in dunkles Rot, die Gespräche der rund 70 Besucher mischen sich mit dem Geräuschpegel von quakenden Fröschen, kreischenden Vögeln und zirpenden Zikaden. Zwei Männer in schwarz betreten die Bühne. Dege Legg alias Brother Dege und Leadgitarrist Jim McGee stimmen mit ihren Gitarren in die Töne der lebhaften Louisiana-Sumpfkulisse ein und werden sogleich eins mit ihr.
Drei Jahre haben die Betreiber des Clubs auf diesen Moment gewartet, jetzt sind sie endlich da: Brother Dege & Brotherhood of Blues. In einer Art privaten Jam-Session beginnt der preisgekrönte Sänger und Songwriter mit kratziger Blues-Stimme Geschichten zu erzählen. Zu gefühlvollen Melodien singt er von seiner Heimat Louisiana, von Sklaven, Engeln, Soldaten und dem rauen Leben in den Südstaaten. „Wie geht’s Euch?“ fragt Legg das Publikum, während er seine türkisfarbene Gitarre zum zweiten Mal stimmt. „Diese Dobro-Dinger sind cool aber nicht einfach zu spielen“, grinst er vor sich hin. „Ich habe meinen Frieden mit ihr gemacht, aber manchmal herrscht eben doch Krieg zwischen uns.“ Kaum zu glauben, denn im Laufe des Abends entlockt der Musiker seinen Saiten Klangfarben, die man gar nicht für möglich gehalten hätte. Gleichzeitig liefert er im Kirchheimer Club eine ganz besondere Show:
Riffs gehen direkt ins Herz
Mit breitkrempigem Südstaaten-Hut, drei aufgesetzten Metall-Fingern an der rechten Hand und einer unverwechselbaren breitbeinigen Spielposition, verliert sich Brother Dege regelrecht im Gitarrenspiel und versetzt sein Publikum mit melodiösen Riffs, die direkt ins Herz gehen, in Trance. Die Band trägt den eigenwilligen Künstler und scheint selbst in ihrem Spiel zu versinken – so schaffen die mittlerweile vier Musiker den Spagat zwischen grandioser Bühnenshow und meditativer Session. Auch die Stimmung im Publikum wechselt von fröhlich angeheizt bis hin zu nachdenklich und fasziniert.
Brother Dege & Brotherhood of Blues schaffen mit Songs wie „Shakedown“, „Old Angel Midnight“ und „The Battle Of New Orleans“ sowie einer gehörigen Portion Humor, eine ganz besondere Atmosphäre im Club: Da kommt es dann schon mal vor, dass der Frontman einfach von der Bühne springt, sich mit seiner „Time-Machine“, wie er sein Instrument betitelt, unters Volk mischt und sich auf ein Schwätzchen mit den Weißwein trinkenden Damen einlässt.
„Ich liebe dieses alte Gemäuer und den Sound hier,“ schwärmt der Südstaatler auf Englisch. Jeder seiner Songs könnte ein Titelsong sein, und so jagt eine Hymne die nächste. Bis zum Schluss des Konzerts. Mit der Zugabe „Too Old To Die Young“ aus Quentin Tarantinos Oskar-prämiertem Film „Django Unchained“ holt Brother Dege das begeisterte Publikum nochmal von den Stühlen und endet abrupt mit den Worten: „That‘s it – Show‘s over!” Anja Schulenberg