Die „Zahnlücke“ in der Häuserreihe in der Max-Eyth-Straße in Kirchheim fällt unweigerlich auf – egal von welcher Seite die Stadtbummlerinnen und Stadtbummler kommen, „einbiegen“ oder von der Widerholtstraße her fast direkt darauf zugehen: Haus Nummer 38 fehlt. Ein Bauzaun sperrt die kahle Stelle ab und sorgt für Sicherheit und freien Blick auf die angrenzende Hinterhofbebauung. Ein Loch sucht man allerdings vergebens, die darunter liegenden Keller dürfen vorerst noch ihre Decke behalten.
„Der Abbruch des Gebäudes wurde baurechtlich im Kenntnisgabeverfahren angezeigt, gleichzeitig wurde die erforderliche Baugenehmigung zum Neubau eines etwas höheren Wohn- und Geschäftshauses mit drei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss beantragt und vergangenen Dezember auch erteilt“, erklärt Thomas Klett von der Abteilung Städtebau und Baurecht der Stadt Kirchheim.
Bauherr Alexander Eleftherakis ist gleichzeitig auch der Bauunternehmer. Sitz seiner Firma ist zwar in Waiblingen, aber Alexander Eleftherakis wohnt in Kirchheim, weshalb das Projekt für ihn durchaus nahe liegt. Ideen für die Nutzung des Geschäfts im Erdgeschoss hat er schon: „Ich könnte mir dort gut eine Art Feinkostladen mit Probierstube oder -ecke vorstellen. Das fehlt meiner Ansicht nach in Kirchheim und würde der Stadt gut tun“, sagt er und schwärmt von einem edlen Kaffee, der nicht im Schnellverfahren durch irgendeine Maschine „gejagt“ wird. „Einst hatte dort der ,Fisch-Schlaier’ seinen Laden“, konnte der Bauherr in Erfahrung bringen. Vor dem Abriss bot das Modegeschäft „Tara X“ Damenbekleidung an, heute ist es in dem Eckhaus zwischen Juwelier Schairer und Kornhaus zu finden.
Das alte Gebäude war kein Kulturdenkmal. „Aufgrund des Standorts innerhalb der Gesamtanlage Kirchheim war allerdings ergänzend eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung zum Abbruch erforderlich. Diese wurde erteilt, da hinsichtlich der geplanten Neubebauung das geschützte Bild der Gesamtanlage nur unerheblich und bezüglich der aktuell gegebenen ,Zahnlücke’ nur vorübergehend beeinträchtigt wird“, erklärt Thomas Klett. Laut genehmigter Planung wird der vorhandene Gewölbekeller an der Straße und der dahinterliegende neuere Kellerteil erhalten. Somit gibt es keine tiefergehenden Bodeneingriffe.
„Der Archäologe war schon da, das Thema ist durch und abgenommen“, freut sich Alexander Eleftherakis. Bei den Untersuchungen kam eine kleine Überraschung im wahrsten Sinn des Wortes ans Licht: Es wurde ein weiterer, älterer Keller entdeckt, von dem nur noch einige Grundmauern übrig sind. Er wird auf das 15. Jahrhundert datiert, da der Archäologe Scherben aus dieser Zeit gefunden hat. „Das muss ein Krügle mit drei Füßen gewesen sein – außen schwarz und innen emailliert oder glasiert. Das Gefäß hat man in Kohle oder in die Glut reingestellt“, beschreibt der Bauherr den Fund, der nur noch in Fragmenten vorhanden ist.
Weil in der Kirchheimer Innenstadt immer mit archäologisch relevanten Befunden zu rechnen ist, forderte die Stadtverwaltung die Begleitung des Abbruchs durch einen Sachverständigen. „Der notwendige Untersuchungsbereich und -umfang wurde durch die Denkmalschutzbehörden mit Bauherr und Sachverständigem vor Ort abgestimmt“, so Thomas Klett. Damit Alexander Eleftherakis nicht unter Zeitdruck gerät, erteilte das Amt vorab die Baufreigabe für den Abbruch samt archäologischer Untersuchung bereits im März. Für den Roten Punkt zum Neubau ist noch eine entsprechende Bescheinigung des Prüfstatikers erforderlich, dann kann aus baurechtlicher Sicht der Stadt die Lücke wieder geschlossen werden.
„Vor Oktober passiert auf dem Stückle nichts“, ist sich der Bauherr sicher. Der Statiker schaue sich die Lage sehr genau an. „Das Gewölbe des alten Kellers ist kaputt“, kam durch den Abriss zu Tage. Der Keller selbst soll aber erhalten bleiben, weshalb eine Lösung gefunden werden muss, wie das „Scharnier“ dazwischen aussieht. Der neuere Keller bereitet dagegen keine Probleme.
„Das neue Gebäude muss etwa gleich hoch sein, wie die Nachbargebäude, und sich auch dem Bild der Innenstadt anpassen – das verlangt die Stadt“, sagt Alexander Eleftherakis. Mit zum Erscheinungsbild würden deshalb auch kleine Fenster gehören.