Kirchheim
Die Bruckmühle blinzelt leicht in ihrem Dornröschenschlaf

Bauprojekt Zehn Jahre lang hat sich in Sachen Gastronomie in und an der Bruckmühle nicht viel getan. Jetzt liegt der Stadt Kirchheim ein Baugesuch vor – ein erster Schritt auf dem Weg zum künftigen Kleinod. Von Andreas Volz

Ganze 100 Jahre hat Dornröschen in dem nach ihr benannten Märchen geschlafen, bevor das Leben ringsumher wieder neu erwachte. Im Fall der Kirchheimer Bruckmühle sind zwar noch keine 100 Jahre vergangen. Aber weil
 

Dann müssen Sie aber auch sieben Mal in den Gestaltungsbeirat.
Pascal Bader
zu Ralf Gerber und seinem angedrohten Antrag, seinen Ladeneingang in die Marktstraße zu verschieben

das ausgebeinte Gebäude an einer prominenten Stelle in der Stadt seinen Standort hat, erscheint vielen auch ein Zehntel dieser Frist bereits unerträglich lang. Vor zehn Jahren hat die Stadt Kirchheim die Bruckmühle verkauft, in der Hoffnung, dass schon bald darauf im hinteren Teil vier Wohnungen entstehen und im vorderen Teil ein Lokal. Die Wohnungen sind längst bezogen, auf das Lokal wartet Kirchheim bis heute.

Jetzt kommt Bewegung in die Sache – zwar nicht zum ersten Mal, aber die Mehrheit des Gemeinderats hofft darauf, dass es dieses Mal der letzte, entscheidende Impuls ist. Er soll die schäbige Interimslösung beenden, die für ein Interim schon viel zu lange dauert und die vor allem auch keine wirkliche Lösung ist. So ähnlich meinte es der SPD-Fraktionsvorsitzende Marc Eisenmann, als er sagte: „Wenn’s gut läuft, wird aus einem Schandfleck hoffentlich bald ein Kleinod.“

Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader stellte den  aktuellen Stand Planung vor: „Ziel des Investors ist es, eine ganzjährige Bewirtung zu ermöglichen, mit 60 bis 70 Plätzen.“ Der gastronomischen Nutzung soll sowohl das Fachwerkgebäude der Bruckmühle dienen als auch der Platz davor, bis in die Max-Eyth-Straße hinein. Der Kiosk wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der anderthalb Meter in die Straße ragt. Auch der Freiraum zwischen Bruckmühle und Kiosk-Neubau soll überdacht werden und sich dadurch ganzjährig nutzen lassen. Im Sommer lässt sich der Platz noch zusätzlich ausdehnen: Dann wäre auch eine Außenbewirtung in der Max-Eyth-Straße möglich.

Im Gemeinderat überwog die Erleichterung, dass an dieser Stelle endlich etwas passieren soll. Marc Eisenmann konstatierte: „Nach zehn Jahren Stillstand verbietet es sich, in unserem Gremium zu sehr an Details herumzukritteln. Es sollte eher heute als morgen losgehen.“ Dass die Stadt einen Teil des Grundstücks an den Investor verkaufen muss, sei die Kröte, die es zu schlucken gelte.

Kontroverse Diskussionen gab es allerdings um die Frage, ob der Kiosk-Neubau wirklich so viel Platz von der Straße beanspruchen darf. „Ich sehe es das sehr kritisch“, sagte Stadtrat Hans-Peter Birkenmaier (Freie Wähler). „Einen solchen Eingriff in die Max-Eyth-Straße hatten wir bislang noch nicht.“

Dieter Franz Hoff (CDU) konnte der Planung indessen zustimmen – vor allem auch angesichts des langjährigen Stillstands: „Das muss jetzt endlich auf den Weg gebracht werden. Ich hoffe, dass der Baubeginn dann auch möglichst bald erfolgen kann.“

„In der Gastronomie kommt es auf jeden Platz an“

Aus Sicht des Gastronomen machte sich Michael Attinger von der Grünen-Fraktion für die Erweiterung der Fläche stark: „In der Branche kommt es wirklich auf jeden einzelnen Platz an. Wenn der künftige Betreiber acht Plätze mehr zur Verfügung hat, kann das für ihn entscheidend sein.“

Ralf Gerber von den Freien Wählern hatte dagegen eine ganz andere persönliche Sicht: „Wenn man nur lange genug wartet, bekommt man von der Stadtverwaltung und vom Gemeinderat wohl alles, was man will“, grantelte er – und fügte gleich eine Androhung hinzu: „Ich würde die Eingangssituation in meinem Laden auch gerne verändern. Wenn das bei der Bruckmühle durchgeht, stelle ich auch einen Antrag, dass ich meinen Eingang um anderthalb Meter in die Marktstraße hinein verlegen darf.“

Pascal Bader konterte schlagfertig: „Dann müssen Sie damit aber auch sieben Mal in den Gestaltungsbeirat.“ Zur Sache sagte der Oberbürgermeister: „Wir können diese Lösung nicht gemeinsam im Gestaltungsbeirat erarbeiten und sie dann plötzlich wieder zurücknehmen. Da muss auch für den Investor eine Verlässlichkeit gegeben sein.“

Mit großer Mehrheit hat sich der Gemeinderat dafür entschieden, dass die Stadt sich ein Rückkaufsrecht vorbehalten soll, falls der Investor die Bruckmühle weiterveräußern sollte. Unklar ist indessen noch, wie lange dieses Recht gelten soll. Die Abstimmung, ob die Verwaltung die Verhandlungen mit dem Investor und das Bebauungsplanverfahren weiterführen soll, fiel dagegen deutlich knapper aus: Mit 19 zu zwölf Stimmen sprach sich der Gemeinderat aber schließlich dafür aus, dem Projekt Bruckmühle grundsätzlich eine Chance zu geben.

 

Eine Chronologie des Bruckmühlen-Projekts seit 2013

2013 hat die Stadt Kirchheim die Bruckmühle an eine Erwerbergemeinschaft verkauft. In der Folgezeit wurden – wie geplant – im hinteren, größeren Teil des Gebäudes vier Wohnungen eingerichtet. Die Gastronomie dagegen ist bis heute nicht umgesetzt worden.

2017 hat ein neuer Investor den Gastronomie-Anteil an der Bruckmühle übernommen, um im Fachwerkbau, im Kiosk sowie im Zwischenbereich ein Lokal einrichten zu können. Fraglich war, ob und wie der Freiraum überdacht werden kann oder darf.

2018, 2019, 2020 und 2021 hat sich der Gestaltungsbeirat der Stadt Kirchheim mehrfach mit dem Bauvorhaben an dieser Stelle befasst – insgesamt sieben Mal. 2020 und 2021 hat zudem ein eigens eingerichteter Bauausschuss getagt.

2023 liegt der Stadtverwaltung bereits seit Januar ein Baugesuch vor – als Basis für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Drei Jahre Zeit bleiben dem Investor zur Verwirklichung des Konzepts, sobald der Durchführungsvertrag unterschrieben ist.       vol