Kirchheim
Die Budenstadt wird zur Gastro-Meile

Weihnachtsstimmung Hohe Umsätze bei Essen und Trinken, kaum Profit für Kunsthändler – Weihnachtsmärkte verändern ihren Charakter. Von Max Carlo Pradler

Feiner Zimtgeruch kitzelt in der Nase, kuschelige Kleidung und überall warme, rötliche Lichter - diese wohlige Erinnerung verbinden viele mit dem Weihnachtsmarkt. Auch auf dem Kirchheimer Martinskirchplatz ist es ab heute wieder so weit: Der Weihnachtsmarkt öffnet für zehn Tage seine Pforten und verheißt wieder „Sagenhafte Weihnachten“.

Weihnachtsmärkte erleben Jahr für Jahr einen neuen Boom. Doch woran liegt das? Lockt tatsächlich noch der traditionelle Marktcharakter mit gemütlicher Bummelei rund um die Verkaufsstände? Oder ist es eher die gesellige Kneipen-Stimmung an den Getränkeständen, die die Menschenmassen trotz eisiger Kälte nach draußen treibt? „Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass sich auch die Weihnachtsmärkte dem Wandel der Zeit fügen müssen“, gibt Kirchheims Marktbetreiber Reinhard Segatz zu bedenken. Wo genau das hinführen wird, sei momentan aber noch nicht absehbar. Klar ist jetzt schon: Der kleine Kunsthandwerker hat es schwer.

Grund dafür ist nicht zuletzt die Bequemlichkeit der Besucher. Davon ist Reinhard Segatz überzeugt. Er weiß, wovon er spricht, denn schließlich ist er seit 38 Jahren auf Weihnachtsmärkten unterwegs. Heute kann man jedes weihnachtliche Produkt vom warmen Wohnzimmer aus per Mausklick online bestellen. „Wenn es doch etwas gibt, das die Leute auf dem Weihnachtsmarkt zum Kauf verführt, dann kann das nur das gemütliche Flair und das wohlige Ambiente sein. Das gibt es auf dem Sofa nicht.“

Schwere Zeiten für Kunsthändler

Viele wissen die Stimmung zu schätzen: Denn für zahlreiche Familien oder Freundeskreise ist der Besuch auf dem Martinskirchplatz Jahr für Jahr ein Muss. Was dabei allerdings zweifellos im Mittelpunkt steht, sind Imbiss- und Glühweinstände. „Essen und Trinken läuft immer am besten. Es ist halt unterhaltsam, gemeinsam etwas zu schlemmen“, erklärt der Gastronom, der auf dem Kirchheimer Weihnachtsmarkt diesmal besonders auf eine Spezialität setzt: Seine „Hanftaschen“ wurden erstmals im vergangenen Jahr verkauft und entwickelten sich prompt zum Renner.

Doch während Imbissbudenbesitzer in der Weihnachtszeit ungefähr ein Viertel ihres Jahresumsatzes machen, denken immer mehr Kunsthandwerker ans Aufhören. „Traditionelle Produkte wie beispielsweise Krippen sind kaum noch gefragt. Das merken die Aussteller natürlich. Die gehen dann lieber im Sommer auf ihre bekannten Märkte, als im Winter irgendwo zu frieren und nichts einzunehmen“, erklärt die „Seele“ des Marktes.

Es ist nicht auszuschließen, dass der Weihnachtsmarkt über kurz oder lang zum reinen „Gastro-Event“ wird. „Ich kann nicht abschätzen, wie groß die Überlebenschancen des Marktes in der jetzigen Form auf Dauer wirklich sind“, verrät Reinhard Segatz. Doch es gibt auch noch Verkaufsstände, die dem unendlichen Angebot des Internets trotzen und jährlich ordentlich Einnahmen bringen. „Man sagt immer, im Internet gibt es alles. Aber so ganz stimmt das dann doch nicht“, schildert er und weist vor allem auf Schmuckstände oder Produkte vom Schaf hin. „Alles, das etwas individueller ist oder sich gut als Geschenk eignet, ist beliebt.“

Grundsätzlich sei aber das größte Kriterium ohnehin das Wetter. Wenn es nach Segatz geht, ist die Temperatur dabei sogar relativ egal. Hauptsache es bleibt überwiegend trocken. Denn Regen oder Schnee würden oftmals auch die letzten Umsatzhoffnungen der Verkaufsstände zunichtemachen. Ob Petrus ihm in dieser Hinsicht aber keinen Strich durch die Rechnung macht, bleibt noch abzuwarten: Die Wetterprognosen für die kommenden Tage sehen nämlich überwiegend Regen vor.