Sie bringt Poesie, Tiefgang und Humor zusammen: Efrat Alony, die sich mit ihrem kompromisslosen musikalischen Einsatz auf erfolgreicher Spur bewegt, gilt aktuell als eine der besten Jazzsängerinnen Europas. Für ihr Gastspiel im Kirchheimer Club Bastion hatte die in Berlin lebende Israelin mit Frank Wingold an der Gitarre, Henning Sieverts am Bass und Heinrich Köbberling an den Drums nicht nur hervorragende Jazzer mitgebracht, sondern auch ihre 2022 mit dem Deutschen Jazzpreis ausgezeichnete CD „Hollywood isn’t calling“. Daraus gab es Kostproben, und auch einige ältere Songs standen auf dem Programm.
Dass sich Efrat Alony nicht in eine Schublade stecken lässt, merkte man schon beim eröffnenden „White Dress Dance“. Ein geschmackvoll artikuliertes Vokalsolo stimmte die Zuhörer ein auf den ungewöhnlichen Abend, der Modern Jazz, Lyrik und vokale Akrobatik aufs Beste vereinte. Über differenziertem Instrumentalteppich entfaltete sich Alonys Stimme in mannigfachen Färbungen, trumpfte klangstark auf, um sogleich wieder in brüchigere Sphären abzutauchen.
Solisten zeigen ihre Klasse
Bei den instrumentalen Intermezzi zeigten die Bandsolisten ihre Klasse. Hennig Sieverts zupfte den Bass mit Konzentration und Können: Ein ums andere Mal stieg er mit brillanten Läufen in die Tiefen seines Instruments hinab, und gelegentlich führte er mit der Sängerin beredte musikalische Dialoge. Als Meister auf den Gitarrensaiten entpuppte sich Frank Wingold. Wenn er zu rasanten Läufen übers Griffbrett ansetze, feine Tonspiele einstreute und mit elektronischer Unterstützung schillernde Klangfarben aus seinem Instrument zauberte, brachte er das Publikum zum Staunen. Als zuverlässiger Pulsgeber zeichnete sich Heinrich Köbberling aus. Doch er gab nicht nur den Rhythmus vor: Mit seiner gekonnten Behandlung von Trommeln und Becken mischte der Drummer auch farbliche Tupfer in den instrumentalen Sound.
Chefin im Ring war jedoch Efrat Alony. Sie begeisterte nicht nur mit hochexpressiven Songs, die sich in einer besonderen Klangaura bewegten, sondern auch mit ihrer flexiblen Körpersprache, die in Mimik und Bewegung die Textinhalte unterstrich.
Das Klangbild changierte ständig. Mal wurden die Zuhörerinnen und Zuhörer in dynamische Wechselbäder zwischen auftrumpfendem Forte und meditativen Klangflächen getaucht, dann wieder schimmerten in den Chorussen fein gestaltete improvisatorische Elemente durch, die sogleich wieder im ostinaten Puls der spannenden New-Jazz-Klänge aufgingen.
Zwischen Inspiration und Fantasie
Es war keine Musik, die einem vom Sitz riss. Das Publikum indes lauschte konzentriert, und wenn man sich auf die Klänge und Stimmungen einließ, setzte sich das Kopfkino in Gang: Die Musik schuf eine bezaubernde Aura zwischen Inspiration und Fantasie.
Über allem schwebte die ausdrucksstarke Stimme von Efrat Alony, die das Publikum mit ihrer vokalen Vielseitigkeit in Bann schlug. Immer wieder brandete Applaus auf, und als sich der Abend mit „Stray Thoughts“ dem Ende näherte, erklatschten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer mit „Unarmed and Dazed“ eine Zugabe.