Kirchheim
Die Gerstenklopfer feiern zünftig

Jubiläum Ganz Jesingen war am Wochenende auf den Beinen. Highlight der 1250-Jahr-Feier waren der Heimatabend am Freitag und der Festumzug am Sonntag. Von Thomas Krytzner

Am Wochenende herrschte in Jesingen Ausnahmezustand: Drei Tage lang wurde die 1250-jährige Geschichte des Orts gefeiert. Zum Auftakt boten Vereine am Freitag einen bunten Reigen an Darbietungen. Doch der Draht zu Petrus - dem Namenspatron der Jesinger Kirche - scheint ausgerechnet zum Startschuss eine Störung erlitten zu haben. Zum Heimatabend riss der Himmel die Schleusen auf und die Regentropfen trommelten nur so auf das Festzelt hinter der Gemeindehalle. Dort war es proppenvoll, als das Fest mit dem Einmarsch der Fahnen und dem Musikverein Jesingen begann.

Beim Heimatabend war ein buntes Programm geboten: Landwirte machten den Jesinger Gerstenklopfern alle Ehre. Im Projektchor wirkt

Landwirte machten den Jesinger Gerstenklopfern alle Ehre. Foto: Thomas Krytzner

Statt Grußworten gab es eine Talkrunde, die Reinhold Ambacher, ehrenamtlicher Stellvertreter des Ortsvorstehers, leitete. Der Ortschaftsrat Thomas Allmendinger, der mit Kollegen die Planung des Jubiläumsfests übernommen hatte, lobte die Spontaneität der Vereine: „Ich war überrascht und dankbar, dass viele sofort bereit waren, mitzuhelfen.“ Begeistert fügte er hinzu: „Jesingen ist für den Zusammenhalt bekannt. Es ist ein Fest vom Ort, für den Ort.“ Roland Conzelmann, Jesinger Pfarrer, klärte das Wetter-Problem mit einem Augenzwinkern: „Ich habe sehr wohl den Draht nach oben, nur anders.

Über 50 Stimmen erklangen im Projektchor, der eigens für das Jubiläum gegründet wurde. Gunther Rall dirigierte und die Texte wur

Über 50 Stimmen erklangen im Projektchor, der eigens für das Jubiläum gegründet wurde. Foto: Thomas Krytzner

Außerdem sind wir beim Thema Klima alle zuständig.“ Ortsvorsteher Christopher Flik blickte mit Stolz auf seine endende Amtszeit: „Die drei Jahre in Jesingen haben mir viele Begegnungen und Freundschaften beschert.“ Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker lobte den Gemeinschaftssinn: „In den 15 Jahren Amtszeit ist mir klar geworden, welcher Geist in Jesingen herrscht. Wer um so eine Tradition weiß, hat seine Standortbestimmung.

Trachten, Tänze und Tradition

Helge Waider führte launig durch das bunte Programm

Der Musikverein aus Holzmaden lief am Umzug mit. Die Bläser nahmen nach dem Umzug am Kreismusikfest des Blasmusikverbandes Essli

Der Musikverein aus Holzmaden lief am Umzug mit. Die Bläser nahmen nach dem Umzug am Kreismusikfest des Blasmusikverbandes Esslingen teil. Foto: Thomas Krytzner

. Ein Projektchor, den Gunther Rall für das Jubiläum auf die Beine gestellt hatte, begeisterte die rund 1500 Gäste im Zelt mit bekannten Melodien. Der Clou: Die Texte waren zu Liebeserklärungen an Jesingen umgeschrieben. Einen lehrreichen Blick in die Tradition gab es von Mitgliedern des Schwäbischen Albvereins: Sie erklärten die einzelnen Teile der Tracht und wann sie wofür verwendet wurden. Zum Beispiel dann, wenn es darum ging, den Schützenkönig zu küren. Extra zur 1250-Jahr-Feier hatte der Schützenverein ein Schießen veranstaltet. Die besten Schützen, Ralf Stolz und Thomas Allmendinger, wurden am Heimatabend von Michael Osswald, Vorsitzender im Schützenverein, gekürt.

 

Eine Kür boten auch die Tänzerinnen des Turn- und Sportvereins. Sie verbanden die Historie mit moderner Musik und begeisterten die Zuschauer mit Synchronität und perfekten Moves. Fast den perfekten Move brauchten auch die Jungbauern. Sie machten nämlich dem Jesinger Necknamen - Gerstenklopfer - alle Ehre und demonstrierten mit ihren Dreschflegeln, wie die Gerste früher geklopft wurde. Von Mario Drexler gab es dazu die fachmännische Erklärung zur Kornernte. Damit die vier Gerstenklopfer im richtigen Takt blieben, gab es musikalische Begleitung auf dem Akkordeon.

Mit Biss und Witz zogen die beiden Rathaus-Putzfrauen der ersten Garde, alias Marianne Gmelin und Andrea Allmendinger-Lahn locker vom Hocker - oder viel mehr vom Besen und Staubwedel. Mit Ironie stellten die beiden fest: „Immer, wenn ein ehrenamtlicher Ortsvorsteher einspringen musste, ist in Jesingen am meisten entschieden worden.“ Sie hatten die Lacher im Publikum auf ihrer Seite. Nebst den Schenkel- und Gerstenklopfern gab es am eine weitere klopfende Performance: Pfarrer Roland Conzelmann hatte mit einer Gruppe der Kirchengemeinde eine Nummer einstudiert, die gleich das ganze Festzelt einbezog. Und als alle gesanglich eingestimmt waren, gab es zum Finale das Jesinger Heimatlied aus dem Jahr 1969. Die Melodie dazu hatte Hugo Carrle komponiert, der Text stammt von Karl Kutteruf.

Den besseren Draht zu Petrus hatten die Jesinger am gestrigen Sonntag. Der Jubiläumszug startete bei fast wolkenlosem Himmel und angenehmen Temperaturen. Die Vereine aus Jesingen präsentierten sich, verschiedene Vereine aus der Region lieferten die musikalische Umrahmung. Nach dem Umzug fand das Musikfest des Kreisblasmusikverbands Esslingen statt. Viele Vereine hatten für den Umzug extra große und kleine Wagen hübsch dekoriert, und für die Zuschauer gab es immer wieder Probiererle. Das Publikum bedankte sich bei den Umzugsteilnehmern mit viel Applaus.