Kirchheim. Begonnen hatte alles im Jahr 1949. Eberhard Frechs Vater Richard tingelte mit einem Wanderkino durch Dorfwirtschaften und Gemeinderäume in der Region. In der Nachkriegszeit stiegen sowohl die Lust auf Kino-Unterhaltung als auch die Ansprüche an das Erlebnis. Von einem Freund pachtete er 1955 eine Scheune in der Kirchheimer Dreikönigstraße, die er zum Central-Kino umbaute. 1956 hatte Kirchheim 2534 Kinositzplätze und rund 22 000 Einwohner. Davon besuchte statistisch jeder 23 Mal ein Kirchheimer Kino.
1960 übernahm Frech zunächst das Tyroler-Kino am Postplatz, das er 1968 auch kaufte und im ersten Stock noch ein Tanzcafé eröffnete. Während sich oben die Plattenteller drehten, spulte im Erdgeschoss die Filmmaschine 35-mm-Rollen ab. 1974 pachtete er das Universum-Kino in der Dettinger Straße bis zu dessen Abriss zehn Jahre später und von 1979 bis 2002 das Stadtkino.
Anspruchsvolle Filme
Spätestens in den 1960er-Jahren wurde die Konkurrenz durch das Fernsehen spürbar. Die freie Verfügbarkeit von Wunschfilmen auf Videokassette und DVD setzte auch den Kirchheimer Kinos ab den 1980er-Jahren richtig zu. Zunächst wurde 1981 aus dem Tanzcafé das Tyroler 2 – das heutige Tyroler Kino. Der Kinosaal Tyroler 1 schloss 1985. Nach dem Tod von Richard Frech 1991 führten zunächst seine Witwe und sein ältester Sohn Hans-Jochen den Betrieb weiter. Seit 2001 managen der jüngste Sohn Eberhard, seine Frau Ulrike und bis zu seinem Tod sein Bruder Wolfgang die verbliebenen Kinos. Nun allerdings im Nebenerwerb, da der Betrieb keine Familie ernähren konnte. Ihren Schwerpunkt legten die drei gleichzeitig auf ein anspruchsvolles Kinoprogramm mit ausgewählten Filmen, oft auch in Originalton und gerne in Kooperation mit Kirchheimer Vereinen und Initiativen wie dem Club Bastion oder Amnesty International. Ebenso investierten sie in neue Projektoren und eine Tonanlage sowie später in die Digitalisierung.
Anerkannt wurde dieses Engagement von einem kleinen Stammpublikum und der Filmförderung des Landes: Insgesamt 18 Mal in Folge haben Frechs eine Auszeichnung für ihr Jahresfilmprogramm erhalten. Die MFG Filmförderung verleiht diesen an mittelständische, gewerbliche Kinobetreiber für ihre „besondere Kinoprogrammarbeit“ und auch ihren unternehmerischen Mut. Denn ob ein Film beim Publikum gut oder schlecht ankommt, weiß man nicht immer im Voraus. Und Sponsoren wie beim Sommernachtskino gibt es nicht.
Im Jahr 2022 hatte Kirchheim noch ganze 194 Kinosessel, bei fast 42 000 Einwohnern. Landesweit ging noch jeder 0,9 Mal in ein Kino, was auch schon vor der Corona-Pandemie nur noch 1,4 Mal vorkam. So zeichnete sich spätestens nach dem Ende des Pachtverhältnisses beim Central-Kino zu Beginn dieses Jahres ab, dass es der Familie Frech nicht mehr möglich war, das Kino weiter wirtschaftlich zu betreiben. Sie mussten schweren Herzens schließen. Doch noch ist das Kino nicht verloren: Die Stadt Kirchheim hat das Gebäude am Postplatz gekauft, in der Hoffung, dass es auch künftig ein gutes Kino in Kirchheim geben wird.
Der Verein Kommunales Kino Kirchheim sitzt in den Startlöchern und sucht noch Mitstreiter, damit es auch künftig heißt: „Vorhang auf – Film ab“. Monika Riemer
Weitere Infos dazu gibt es unter www.kino-kirchheim.de.