Es ist Ferienzeit, Zeit für „Texte und Töne“ in der Stadtbücherei in Kirchheim. Dort gehen die Daheimgebliebenen virtuell auf Reisen. Diesmal ging es nach Irland, der grünen Insel. Büchereileiterin Carola Abraham und ihr Team hatten entsprechend vorgesorgt. Bücher über Irland und von Iren waren versammelt. Heinrich Bölls Irisches Tagebuch von 1957 durfte nicht fehlen – und es war eine Bar eingerichtet. Man konnte sich mit harmlosen Getränken, aber auch mit dunklem Guiness-Bier versorgen. Und es waren eine Künstlerin und ein Künstler als Botschafter Irlands eingeladen, die genau passten.
Ihre Anreise von ihrem Heimatort Reutlingen war nicht weit, doch ihr Bezug zu Irland ist innig: Seit über 30 Jahren reist Klaus Zeh nach Irland. Nicht als gewöhnlicher Tourist, sondern meist auf abenteuerliche Art. Diese Reiseeindrücke bilden die Grundlage für „Trinity“, seinem 2020 erschienenen Buch. Multitalent Klaus Zeh ist nicht nur Poet, Liedermacher und Musiker, sondern auch Schriftsteller, der schon auf eine ganze Reihe von Veröffentlichungen zurückblicken kann. Auch einen Gedichtband gibt es von ihm. Dass er sich aber nicht als abgehobener Künstler präsentieren will, sondern volksverbunden und nah, signalisiert er gleich durch sein Erscheinungsbild: Er tritt mit einer Baseballmütze, kurzen farbenfrohen Jeans und einem Trinity-T-Shirt auf. Klar zu erkennen sind unter seinen Tattoos, wie bei seiner Partnerin, Irlandmotive. Partnerin Adeline, im zarten, fliederfarbenen Rock, ist ebenfalls eine Vielfachbegabung. Neben ihrem „Hauptberuf“ als Sängerin ist sie Liedermacherin und Malerin.
Das Essen im Pub muss sich Klaus Zeh mit einem Lied „verdienen“
Mit all diesen Begabungen kann man einen variationsreichen Abend gestalten, mit Liedern im Duett, als Soli mit Musikbegleitung und a cappella. Klaus Zeh las Geschichten aus „Trinity“, Adeline Gedichte. Von den Liedern hat es vor allem eines geschafft, in der ganzen Welt bekannt zu werden, das Lied von Molly Malone, die ihren Karren durch die Straßen Dublins zieht und ihre „Cockles and Mussels“ anpreist und deren Geist auch nach ihrem Tod in dieser Weise weiterwirkt. Gleich bei diesem Lied zu Beginn des Programms wurde das Publikum aufgefordert, geläufige Passagen mitzusingen. Dass diese Aufforderung zum Mitmachen nicht nur eine Suche nach Publikumsnähe ist, sondern dass es etwas mit Irland zu tun hat, macht eine Geschichte aus „Trinity“ klar:
Klaus Zeh hat da mit seinem Freund Henry hungrig endlich ein Pub gefunden. Statt sofort etwas zu essen, bekamen sie die Aufforderung, ein Lied oder ein Gedicht vorzutragen, wie es in Irland von Gästen erwartet werde. Gegen seinen Willen, aber erfolgreich singt Klaus Zeh a cappella ein Lied. Tatsächlich haben sich Zeh und Adeline in der irischen Folksszene etabliert!
Außer über Irland, seinen Regen, seine faszinierende Landschaft, seine jahrhundertelange Knechtschaft unter den Engländern, seine Mythen und Lieder erfuhr das Publikum eine neue Eigenschaft an sich selbst: So viel gesungen und geklatscht wurde noch bei keiner Veranstaltung von „Texte und Töne“.
Erst recht legten sich die beiden Künstler ins Zeug. Wenn Klaus Zeh zur Gitarre greift, ist sie umgedreht ein Percussioninstrument. Wenn er in die Saiten greift und es dramatisch wird, da bebt der ganze Mann und die Gitarre muss immer wieder nachgestimmt werden. Wenn er zur Bodhrán greift, der typisch irischen Rahmentrommel, dann produziert er aus dem rechten Handgelenk heraus artistisch gewaltige Rhythmen. Als passenden Kontrast dazu bezaubert Adeline mit ihrer klangvollen Stimme.