Klingelt beim Normalsterblichen der Wecker oder es ertönt Musik aus dem Smartphone, werden die Kloster-Deifel durch einen Böllerschuss und das elfmalige Knallen einer Karbatsche geweckt. Nach 365 Tagen in den Tiefen der Hölle, haben die eingenebelten Kirchheimer Fürsten der Finsternis auf den ersten Blick die närrische Enthaltsamkeit gut überstanden. Doch es ist der Häs-Verantwortliche Harald „Harry“ Müller, der die „Beschwerden“ der Besucherinnen und Besucher ernst nimmt. Zwar haben sich die eingestaubten und mit Spinnweben behafteten Deifel gegenseitig sauber gemacht, was allerdings gar nicht geht, dass einige darunter keine Teufelsmaske tragen. Neben einem rosafarbenen Basecap werden außerdem eine Krone sowie ein Cowboyhut von dem aufmerksamen Gegenüber entdeckt. „Hat da deine Erziehung versagt?“, hakt Kontrolleur Harry beim Zunftmeister Holger Böhm nach, denn letztgenannte zwei unpassenden Kopfbedeckungen schmückten dessen Tochter und Sohn.
Abermals sind viele Narren-Gruppen der „teuflischen“ Einladung aus der Teckstadt gefolgt. Darunter mehr oder weniger alte Bekannte, wie die „Lenninger Hexa“, „Mühlenhexa“ aus Mühlhausen, „Süß‘ner Waldhexa“ aus Süßen, „Kirschkernspucker“ aus Heiningen oder die „Durlacher Turmberg Hexa“ aus Scheibenhardt. Nicht zuletzt gibt es auch einige Neulinge, unter anderem die „Haddahefer Ofadeifl“ aus Hattenhofen sowie die „Bellenberger Lacha-Dreggler“, die zwischen Neu-Ulm und Memmingen zuhause sind. Buntes Treiben herrscht auf dem sehr gut besuchten Kirchheimer Marktplatz; hunderte von Zunftmitglieder und närrische Zaungäste, die Holger Böhm herzlich willkommen heißt. Mit Blick auf den letzten Artikel im Teckbote, wo von „ekligen Prüfungen“ die Rede war, betont der Zunftmeister: „Wir sind lern- und kritikfähig. Wir mischen diesmal das Getränk „nach Art des Hauses“ nicht zusammen, das läuft ganz anders.“ Doch bevor es soweit war, stand für die Täuflinge Elke Greipl, Svenja Gölz, Elisabeth Langhammer, Vito Palmiotti und Jakob Schlensog ihre erste Prüfung auf dem Programm.
Und die hatte es in sich, waren dafür reichlich Geschicklichkeit und Körperbeherrschung gefragt. Optisch ein Hingucker im farbenfrohen Einhorn-Kostüm, mussten alle fünf Täuflinge über selbiges ohne Zuhilfenahme ihrer Hände begleitet vom „Wellermann-Lied“ eine Damenunterhose anziehen. „Das war voll lustig, ich hab‘ mir schier in die Hose gemacht“, verrät Leonie und ignoriert das peinlich berührte Gesicht ihres Freundes Jan. Vier „Vollstrecker“ in weißer Schutz-Kleidung kümmerten sich darum, dass auf der Bühne alles korrekt ausgeführt wird.
Bevor aufgetischt wurde, entschied das Publikum mit Blick auf die nur für sie lesbaren Schilder mit einem laut zugerufenen links oder rechts, aus welchen Ingredienzen die Getränke und die Speisen sein sollten. Auswählen konnten sie zwischen Zwiebel und Knoblauch, Rote Beete und Sauerkraut, Götterspeise und Lakritz, Saure Gurke oder Wurstwasser und am Ende aus 100 oder 200 Gramm Mehlwürmern – voilà, die Zutaten wurden so für die „blinden“ Täuflinge frisch zusammengemischt. „Es ging mir noch nie besser“, verkündete Svenja, als sie mitten drin im „Bottle-Flip“ war. Als sie und ihre vier Mitstreiter mit dem obligatorischen Löffel voller proteinhaltigen Leckereien gefüttert wurde, blieb nur zu sagen: „bon appétit“.
Quasi zum krönenden Abschluss der Tauf-Zeremonie, bekamen sie noch eine Würz-Ladung voller Ketchup und Senf, garniert mit feiner Asche und Holzspänen verpasst.
Info Insgesamt 21 Termine haben die Kloster-Deifel, hier einige Beispiele: 12.1. Hallenfasnet in Baltmannsweiler; 13.1. Nachtumzug in Göppingen; 21.1. Umzug in Dettingen; 8.2. Rathaussturm Kirchheim.
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