Die Geschäftslage bleibt deutlich negativ, besonders die Industrie: Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der IHK Region Stuttgart zur Wirtschaftslage im Landkreis Esslingen. Mehr als 1000 Mitgliedsunternehmen in der Region Stuttgart und rund 250 Mitglieder im Kreis Esslingen haben am Konjunkturbericht der IHK teilgenommen. „Er ist mit dem IFO-Geschäftsklimaindex vergleichbar, ist aber präziser“, erklärt Oliver Kreh, bei der IHK für volkswirtschaftliche Themen zuständig.
Die aktuellen Zahlen stammen vom Mai 2025 und zeigen beim Faktor „Lage“, also der Bewertung der wirtschaftlichen Situation, schlechtere Kennzahlen als noch zu Jahresbeginn.
Wir Schwaben jammern produktiv.
Vanessa Bachofer, Präsidentin der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, sieht den Innovationswillen in der Region ungebrochen.
Einen Abwärtstrend verzeichnet die IHK seit Herbst 2024. „Es ist keine Erholung zu erwarten“, sagt IHK-Präsidiumsmitglied Stefan Eberhard. Der Kirchheimer Mitgründer der Energiehelden Academy, einem Weiterbildungszentrum für Berufe in der Energiebranche, führt bekannte Gründe an: Hohe Arbeits- und Energiekosten in Deutschland, eine undurchsichtige Zollpolitik in den USA, unsichere geopolitische Lage oder Exportblockaden in China für seltene Erden. Allerdings sieht der Geschäftsführer der IHK Region Stuttgart, Christoph Nold, die „Talsohle erreicht, die Unternehmen blicken wieder positiv nach vorne.“
„Das liegt alleine schon an der neuen Bundesregierung, die zumindest signalisiert, dass sie wirtschaftsfreundlicher ist“, sagt Vanessa Bachofer, Geschäftsführerin beim Filderstädter Autozulieferer Mack und Schneider und seit Januar Präsidentin der IHK Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen. „Man geht auch das Thema Energiepreise an und investiert Geld in Infrastruktur“, nennt die Unternehmerin positive Signale aus der Politik. Aber: Faktisch liege das Investitionsniveau bei den Unternehmen im Landkreis unter dem langjährigen Mittel.
Zu den Signalen der aggressiven Zollpolitik aus den USA ergänzt Oliver Kreh, dass sich Firmen auch dort mit Investitionen zurückhalten. Das zeige: Auch dort herrsche Unsicherheit: „Die USA profitieren nicht.“ In Deutschland und speziell ihrer Branche freue man sich schon, wenn weniger Zölle erhoben werden als vorher angekündigt wurden, sagt Vanessa Bachofer. Kummer ist sie in ihrer Branche gewohnt, denn die Automobilbranche sei ein hartes Pflaster. „Das macht einen gut“, sagt sie und fügt hinzu: „Die Schwaben jammern produktiv. Es kommt immer etwas Gutes heraus.“ Sie ist überzeugt, mit der internationalen Konkurrenz mithalten zu können, auch wenn China durch hohe Arbeitseinsatz beeindrucke. Die Diskussion über „arbeitsscheue Deutsche“ teilt sie dabei nicht: „Feiertage streichen halte ich für Quatsch.“ Allerdings seien die zunehmenden Krankenzeiten in Deutschland seit Corona ein Problem. „Dahinter steckt kein böser Wille. Nur ist es Zeichen einer älter werdenden Gesellschaft.“ Auch monotone Tätigkeiten führen im hohen Alter zu Abnutzungserscheinen. Abhilfe könne KI schaffen, „die Dinge zusammenführt, die den Arbeitsalltag erschweren.“
Ein Faktor, der sich auch nicht mehr entscheidend ändern werde, sei der Energiepreis. „Zwischen 2019 und 2025 ist er um 50 Prozent gestiegen. Auf das Niveau von 2019 werden wir nicht mehr kommen.“ Die Ursachen seien vielfältig, liegen aber vor allem im notwendigen Ausbau des Energienetzes.
Was die IHK tun will
Aus dem Ergebnis der Erhebung hat die IHK ein Arbeitsprogramm bis 2029 abgeleitet. Ein zentraler Punkt: Entbürokratisierung, bei der man aber nicht auf neue Gesetze warten wolle. Vor allem mit den Kommunen wolle man weiter eng im Austausch bleiben. „Es geht um pragmatische Lösungen, zum Beispiele gibt es für Genehmigungen zu viele Zuständigkeiten“, sagt Christoph Nold.
Auch wolle man attraktivere Angebote für Ausbildungsberufe machen, sagt Stefan Eberhard. Dabei müsse man auch verstärkt an Gymnasien gehen, ergänzt Vanessa Bachofer. Mittlerweile hätten in der Region 40 Prozent der Azubis Abitur, was im deutschlandweiten Vergleich ein Spitzenwert sei. Außerdem müsse man den Strukturwandel stärker begleiten. „Wenn Automotive weniger wird, rücken andere Branchen stärker in den Fokus“, sagt Vanessa Bachofer. Beispiele: Luft- und Raumfahrt und Biotechnologien.
Es wird auch nicht alles schlechter, auch das zeigen die Auswertungen des regelmäßig erstellten Berichts. „Im Vergleich zu vor vier Jahren spielt die mangelhafte Mobilfunkabdeckung und langsames Internet eine deutlich geringere Rolle. Das liegt auch an dem fortschreitenden Breitbandausbau“, erklärt Christoph Nold.