Kirchennacht einmal ganz anders: Coronabedingt muss die „Church-Night“ in der Kirchheimer Martinskirche am heutigen Reformationstag „ohne Laufpublikum“ auskommen, wie Christian Stierle, Jugendreferent der Stadtkirchengemeinde, mitteilt. Trotzdem bleibt die Martinskirche heute Abend nicht leer. Einlass finden allerdings nur Mitarbeiter - die sich in zwei unterschiedliche Klassen aufteilen. Da wären zum einen die Mitarbeiter, die den Gottesdienst aktiv mitgestalten, und zum anderen die Techniker, die es auch unter normalen Umständen braucht.
„Ohne professionelle Lichttechnik geht es nicht. Sonst sieht es ein bisschen armselig aus“, sagt Christian Stierle. Und schließlich soll der Gottesdienst wirken, in jeder Hinsicht. Denn auch wenn das „Laufpublikum“ außen vor bleibt, heißt das noch lange nicht, dass es keine Zuschauer gibt. Im Gegenteil: Der Livestream ist bereits eingerichtet. Der Gottesdienst, der heute um 18 Uhr beginnt, lässt sich unter www.evangelische-kirche-kirchheim-teck.de im Internet finden. Auf der Startseite erscheint ein großes Bild, mit Gipfelkreuz und Logo. Wer draufklickt, wird auf die entsprechende Youtube-Seite weitergeleitet.
Inhaltlich unterscheidet sich das Angebot kein bisschen von dem, was das Publikum unter normalen Umständen direkt in der Kirche hätte erleben können. „Der Ablauf an sich ist der gleiche“, stellt Christian Stierle fest. „Wir hätten in der Kirche einen Stationenlauf aufgebaut. Den müssen wir jetzt eben digital anbieten.“ Interaktiv soll die Veranstaltung also auf jeden Fall bleiben. Es gibt für alle Zuschauer die ganze Zeit über Möglichkeiten, sich zu beteiligen sowie Fragen, Wünsche und Anregungen loszuwerden.
Und doch gibt es - unabhängig von der elektronischen Übermittlungsform - eine inhaltliche Neuerung gegenüber den vergangenen Jahren: Die „Church-Night“ soll den Reformationstag und damit den Thesenanschlag von 1517 als Gründungsmythos des Protestantismus stärker in den Blickpunkt rücken. Die zentrale Figur kann dabei eigentlich nur Martin Luther sein, und das war er in den zurückliegenden Jahren auch stets.
„Jetzt hat das Mitarbeiterteam aber gesagt, wir wollen auch mal was anderes machen“, erklärt Christian Stierle. „Das Motto heißt ,Abenteuer Glauben ... und los!‘ “ Es soll darum gehen, „Vertrauensschritte in den Glauben zu wagen“ und den Glauben dadurch „erfahrbarer zu machen“. Der Gottesdienst orientiert sich zu diesem Zweck am Alten Testament, konkret an Josua 3, wo das Volk Israel durch den Jordan zieht. Dass es auch bei dieser Geschichte um einen Mindestabstand geht, hat aber mit Corona rein gar nichts tun. Der gebotene Abstand zur Bundeslade ist der Ehrfurcht geschuldet.
Martin Luther taucht heute Abend trotzdem auf, verrät Christian Stierle: „Wir spielen dazu ein eigenes Video ein.“ Was dagegen auf der Strecke bleibt, ist das gesellige Beisammensein, die Party nach dem Gottesdienst. „Unsere Erfahrung mit Livestream-Gottesdiensten zeigt, dass die Leute danach abschalten. Vielleicht können sie ja zu Hause in den Familien feiern und diskutieren.“