Welche Medikamente werden nicht vertragen, bestehen Hör- oder Sehprobleme, und gibt es eine Patientenverfügung? Informationen, die im Notfall wichtig sein können. Doch wenn ein Patient beispielsweise nach einem Schlaganfall nicht mehr ansprechbar ist und die Angehörigen unter Stress stehen, sind derlei Angaben nicht immer sofort abrufbar. „Rettung aus der Dose“, heißt ein Projekt, das Abhilfe schaffen soll. Die drei sozialen Netze, buefet in Kirchheim, Unser Netz Lenningen-Owen und das Soziale Netz Raum Weilheim haben sich zusammengeschlossen, um Kirchheim und die umliegenden Ortschaften mit dem praktischen Helfer zu versorgen. Mit seinem feuerroten Schraubdeckel und der weißen Grundfarbe erinnert er an die Tiegel, in die Apotheken selbst angerührte Salben und Cremes abfüllen. Mit einer Größe von zwölf Zentimetern ist die schlanke SOS-Dose lediglich etwas höher.
Doch auf den Inhalt kommt es an. Die Idee ist simpel: Die Kunststoffdose enthält ein zusammengerolltes DIN-A4-Formular. Eingetragen werden sollen auf dem Papier persönliche Daten, zu denen auch Angaben zur Krankenkasse gehören. Weitere Felder gibt es unter anderem für den Namen des Hausarztes, das bevorzugte Krankenhaus, zu Pflegediensten und Betreuern. Aufführen sollte man zudem, unter welchen wichtigen Krankheiten beziehungsweise Einschränkungen man leidet, welche Medikamente eingenommen werden, ob es eine Notfallmappe und einen Impfpass gibt und wo all das aufbewahrt wird. Unter einer Rubrik kann notiert werden, wer zu informieren ist. Eine Herausforderung ist, die Daten regelmäßig zu aktualisieren. Leben mehrere Personen im Haushalt, sollten idealerweise auch mehrere Datenblätter in der Dose stecken. Damit Rettungskräfte das Behältnis im Ernstfall finden, muss es im Kühlschrank deponiert werden. Dort nicht etwa versteckt hinter Puddingschälchen oder Resten von der letzten Nudelparty, sondern im Ablagefach der Kühlschranktür. Ein signalroter Aufkleber an der Innenseite der Haustür und einer außen am Kühlschrank weisen auf den kleinen Ratgeber hin.
Mit der Kühlung hat das Ganze nichts zu tun, viel eher damit, dass die Dose an dem kurios anmutenden Ort besonders leicht auffindbar ist. „Einen Kühlschrank hat jeder“, so lautet das Argument von Gabriele Rieker, Leiterin der Koordinationsstelle des Vereins Unser Netz. Zusammen mit ihrer Kollegin von buefet, Monique Kranz-Janssen, hatte sie bei einer Tagung in Schwäbisch Gmünd von der Idee gehört. „Wir sind anschließend sofort in die Apotheke gegangen, um uns eine Dose zu holen“, erzählt Monique Kranz-Janssen. Schon auf dem Weg dorthin war beiden klar, dass sie die kleinen Notfallhelfer auch in Kirchheim und Umgebung unter die Leute bringen wollen.
Die Zielgruppe sind nicht nur ältere und insbesondere allein lebende Menschen, denn auch Jüngere können unvorhergesehen Hilfe benötigen. „Im Landkreis Esslingen sind wir Vorreiter“, sagt Gabriele Rieker. Langfristiges Ziel ist, den ganzen Kreis zu versorgen. Rosemarie Bühler, Koordinatorin im Sozialen Netz Raum Weilheim, streicht die Vorteile einer groß angelegten Verteilung heraus: „Je mehr Leute die Dose haben, desto selbstverständlicher wird sie auch für die Rettungsdienste.“ Bei den Bereitschaften hat Gabriele Rieker mit dem Vorschlag offene Türen eingerannt, weil sie in ihrer tagtäglichen Arbeit immer wieder vor dem Problem stehen, keine Ansprechpartner zu haben oder nicht zu wissen, ob es eine Patientenverfügung gibt und wo sie zu finden ist. Dabei geht oft kostbare Zeit verloren.