Kirchheim
Die Schmuckstücke stets im Blick

Stadtgeschichten Ruth Mößner, Bernd Budde und Willi Kamphausen sind seit 30 beziehungsweise 25 Jahre als Stadtführer in Kirchheim mit Gruppen unterwegs. Für dieses Engagement wurden sie ausgezeichnet. Von Iris Häfner

Historie traf Gegenwart: Herzogin Henriette nahm die Audienz bei Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker wahr, flankiert von zwei Herren. Geballtes Wissen war damit ins Rathaus gekommen, denn die drei Stadtführer wurden für ihr langjähriges Engagement geehrt. Ruth Mößner und Bernd Budde führen seit 30 Jahren Gruppen durch die Stadt, Willi Kamphausen seit 25 Jahren.

Das Markenzeichen von Ruth Mößner sind ihre schönen Kleider. Damit schlüpft sie in die Rolle von Herzogin Henriette, die über 45 Jahre im Kirchheimer Schloss bis 1857 gelebt hat, und erzählt Geschichten aus dieser Zeit. Königin Elisabeth II. von England ist eine Ur-Ur-Urenkelin von Henriette - und damit lässt sich bei jeder Stadtführung punkten. Willi Kamphausen war in Zivil gekommen, schließlich war es ja heller Morgen und da ist ein Nachtwächter-Gewand nicht wirklich die passende Kleidung. Das hindert ihn bei Tagführungen aber nicht daran, das Nachtwächterlied zu singen - mit entsprechend modifiziertem Text. Bernd Budde hält nichts von Verkleidungen, dafür um so mehr von pfiffigen Stadtdetektiven. Bei der Führung „Lügen bis sich die Balken biegen“ bildet er zwei Gruppen, die gegeneinander antreten. Sie müssen den Wahrheitsgehalt der Erzählungen herausfinden, denn es wird ordentlich fantasiert und geflunkert.

Richtig vorbereitet wurden die Stadtführer der ersten Stunde nicht auf ihre neue Tätigkeit. „Vier Stunden sind wir mit Helmut Billig vom Verkehrsverein durch die Stadt gegangen. Der hat damals auf Anfrage recht spontan Führungen gemacht“, erzählt Bernd Budde. Was Helmut Billig dabei erzählt hat, wurde auf zwei Kassetten komplett aufgenommen und diente fünf Jahre später auch Willi Kamphausen als Stadtführer-Grundlage.

„Die Führungen sind richtige Renner geworden und mittlerweile gibt es ja auch Themenführungen“, freute sich Angelika Matt-Heidecker. Dank dieser Angebote werden viele Menschen in die Stadt gezogen, was ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor ist. „Es ist eine ungeheuer sympathische Art, eine Stadt vorgestellt zu bekommen. So bekommen die Gäste in guter Atmosphäre Wissen vermittelt“, so die Stadtchefin. Dank der S-Bahn konnte ein deutlicher Anstieg verzeichnet werden. 2015 ist bislang das absolute Spitzenjahr mit 400 Führungen. Die Stadtführer sind auch als Kirchheimer Botschafter auf der CMT präsent. „Mich hat dort einer mal gefragt, was die Teck für ein Fluss ist. Er ist aus Herrenberg und war zwischenzeitlich schon viermal hier - und kennt jetzt auch den Teckberg“, erzählte Willi Kamphausen.

Die drei Stadtführer eint nicht nur die Liebe zu Kirchheim, Historie und Histörchen: Sie kommen allesamt von auswärts. Bernd Budde ist auf der Ostfriesischen Insel Langeoog geboren und hat auch in Flensburg gelebt, Ruth Mößner stammt aus Breslau und war eine zeitlang auf Sylt zuhause, und Willi Kamphausen kommt aus der Stadt, wo die einzig wahre Borussia zu Hause ist - aus Mönchengladbach.