Kirchheim
Die Serenade verzaubert auf engstem Raum

Blasmusik Die Kirchheimer Stadtkapelle gefiel beim Sommerabendkonzert im Schlosshof durch Musizierfreude und zwei exzellente Gesangssolisten. Von Rainer Stephan

Die Serenade hat auch in diesem Jahr das gehalten, was sie gemäß Definition verspricht: Abendmusik in freier Form, gewöhnlich aufgeführt als Freiluftmusik samt unterhaltsamem Charakter.

Mit der Ouvertüre zu Verdis „La Forza del Destino“ begann das Orchester unter der Leitung von Stadtmusikdirektor Marc Lange seine musikalische Reise, die bei angenehmen Temperaturen für die Besucher im vollbesetzten Kirchheimer Schlosshof ein Genusserlebnis werden sollte. Sehr schön zeigte sich beim Auftaktstück die Passage mit dem gefühlvollen Klarinettenspiel.

Bernd Herdecker führte als sachkundiger und charmanter Redner durchs Programm. Er vermittelte mit wenigen Worten das Wichtigste zu den aufgeführten Stücken und gab augenzwinkernd manch amüsante Begebenheit zum Besten.

Die Arie „Quel guardo il cavaliere“ aus der Oper Don Pasquale bot der Sopranistin Julie Erhart die Chance für den ersten großen Auftritt des Abends. Die Sängerin ist Absolventin der Gesangsklasse des Konservatoriums Straßburg. Bereits im Sommer 2018 begleitete sie die Stadtkapelle zu den Promenadenkonzerten in Innsbruck. Mit ihrer erneuten Verpflichtung hat der Stadtmusikdirektor mehr als das Richtige getan: Erhart war der ungekrönte Star des Abends.

Beim folgenden „Granada“ von Augustin Lara trat der Tenor Maksim Pogrebniak erstmals auf den Plan. Der Litauer, Jahrgang 1990, schloss als „Master für Oper“ sein Studium an der Musikhochschule Stuttgart ab. Seitdem singt er auf bekannten Bühnen und 2018 führte ihn ein Gastauftritt mit Wagners Götterdämmerung sogar in die Concert Hall nach Hong Kong. Von unglücklicher Liebe und dem Waldmägdelein erzählte das Lied „Vilja“ aus der Operette die lustige Witwe von Franz Lehár. Das Orchester verstand es hierbei ausgezeichnet, der Sängerin den Vortritt zu lassen und sie gefühlvoll zu begleiten. Besonders Cello und Flöten wurden passend und gut hörbar eingesetzt und zeugten somit auch von einer perfekten Abstimmung innerhalb des Ensembles.

Während beim Lied „Boni Laul“ der Gassenhauer-affine Refrain „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“ noch hörbar war, überdeckte die Kapelle den Tenor bei den anderen Liedteilen. Das blieb aber die Ausnahme. Ansonsten zeigte sich Pogrebniak bestens gelaunt, sowohl beim Singen als auch bei seiner Bühnenpräsenz.

Ein Medley aus „Porgy and Bess“ von George Gershwin versetzte den Dirigenten in die Lage, mal ohne Gesang alle Register in Szene zu setzen. Hiervon machte Lange regen Gebrauch, und so konnte er auch Horn und Posaune hervortreten lassen. Er überließ nichts dem Zufall, sondern führte mit bewegten Händen und vielsagendem Augenkontakt traumwandlerisch sein Orchester.

Nach einem kühlen Glas Sekt beendete das Gong-Instrument „Tam Tam“ die Pause und es kamen zwei „ungarisch gefärbte“ Stücke aus dem Zigeunerbaron von Johann Strauß zur Aufführung. Die Ouvertüre ließ dem Orchester reichlich Platz für schwierige Tempo- und Taktwechsel. Beim folgenden „Spiel ich die Unschuld vom Lande“ aus der Fledermaus glänzte die Sopranistin und toppte ihre Leistung, indem sie in den höchsten Tönen sang und das sehr lange durchhielt, was beim Publikum zu donnerndem Applaus führte.

Erstmals im Duett traten die Sopranistin und der Tenor bei „Lippen schweigen“ aus Lehárs lustiger Witwe auf. Der Gesang klappte wunderbar, sodass das Pärchen sogar ein Tänzchen im Dreivierteltakt wagte. Nicht weniger gekonnt kamen die Romanze „Recondita Armonia“ aus der Oper Tosca und „Summertime“ aus Porgy and Bess zum Vortrag.

In ein furioses Finale trat das Orchester samt Duett bei „Jaj Mamám Bruderherz“ aus Kálmáns „Csárdásfürstin“. Es verstand sich daher von selbst, dass nach 90 Minuten glückseliger Musik die Gäste nicht ohne Zugabe nach Hause gehen wollten.