Einmal hatten wir ,Highway to Hell‘ als Zugabe. Die Stimmung war Bombe.“ Mit dieser Aussage hatte Anne-Katrin Stuth, Leiterin des Besuchsdiensts der Heinrich-Sanwald-Stiftung, die Lacher bei der Festveranstaltung zur Verleihung der Ehrenamtspreise auf ihrer Seite. Sie ist die Organisatorin der Hof- und Gartenkonzerte in Pflegeheimen. Die Idee dazu war während des Corona-Lockdowns entstanden, als ein absolutes Besuchsverbot in diesen Einrichtungen herrschte. Auf diese Art konnte auf Abstand der Kontakt mit der Außenwelt für die Heimbewohnerinnen und -bewohner wenigstens ein bisschen aufrechterhalten werden.
Das Ganze kam nicht nur gut bei den Adressaten – und Musikakteuren – an, sondern auch bei der Jury für den Ehrenamtspreis „Starke Helfer“ 2022. Der stand unter dem Motto „Hilfe in herausfordernden Zeiten“. Der Preis wird von der Stiftung Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen und dem Teckboten ausgelobt. In feierlichem Rahmen wurden die Ehrenamtlichen in der Kirchheimer KSK-Zentrale geehrt. „Gewinner sind alle: Sie gewinnen schon ohne den heutigen Abend, weil Sie durch ihre eigene Hilfe Freude geben und Freude erleben. Die Jury hat trotzdem zwei Kategorien gebildet. Die einen sind die Sieger, die anderen die Sieger mit Sternchen“, erklärte Moderator und Teckbote-Redakteur Andreas Volz.
Die Akteure dieser besonderen Konzerte hatten auch für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung gesorgt – und sie waren einer der drei Sieger mit Sternchen, die 1500 Euro für ihren ehrenamtlichen Dienst bekamen. Den Auftakt machte Hans Hofele, die Pause gestaltete das Ehepaar Schierle mit „Special Guest“ Uli Görs. Die Gruppe spielt weder „Hoch auf dem gelben Wagen“ noch „Ännchen von Tharau“, sondern Titel von den Rolling Stones oder eben AC/DC. „Das ist Musik- und Erinnerungskultur für die Menschen. Die genießen das richtig, weil sie es aus ihrer Jugend kennen“, sagte Otwin Schierle mit seinem knitzen Humor.
Das Soziale Netz Weilheim bekam ebenfalls eine Sternchen-Auszeichnung. Im Café Lebenslust für Menschen mit Demenz herrscht dem Motto gemäß immer gute Stimmung. Michaela Zanker erzählte erfrischend von den Aktivitäten beim Präventivprogramm B.U.S., das jeden Montag Bewegung, Unterhaltung und Spaß für Senioren und Menschen mit körperlichen Einschränkungen bietet. „Der Spaß steht da im Vordergrund. Sie sollten die Leuten mal beim Kirschkern-Säckchen-Werfen erleben – die müssen lachen, schließlich müssen sie ja auch bei meinem Lach-Yoga mitmachen“, sagte sie.
Tränen in den Augen
Eine völlig ungeahnte Bedeutung bekam das in Corona-Zeiten gewählte Motto mit dem Krieg in der Ukraine. Angela Renz aus Oberlenningen kümmert sich um Menschen von dort, die in Lenningen leben. Ihre Unterstützung kennt keine Grenzen. Sie erzählte von mühsamen Gängen bei den Ämtern, die immer problemloser verlaufen, bis hin zu schönen Erlebnissen, die ihre Arbeit mit sich bringt. Vor wenigen Tagen hatte sie Tränen in den Augen, als sie drei wunderbare Brezeln nach Hause geliefert bekam. Die hatte ein Junge in einer Bäckerei gebacken, dem sie dort ein Schulpraktikum vermittelt hatte. „Dabei wollte er da eigentlich gar nicht hin, weil er nicht so früh aufstehen wollte“, verriet sie.
Landrat Heinz Eininger ist Schirmherr des Ehrenamtspreises, er begrüßte die zahlreichen Gäste im Henninger-Saal der Kirchheimer Kreissparkasse. „Als wir den Preis ausgeschrieben haben, gab es Corona, aber noch keinen furchtbaren Krieg. Die Pandemie haben wir bereits als Ausnahmezustand empfunden und konnten uns eine Steigerung nicht vorstellen – und seit rund zehn Monaten tobt ein schrecklicher Krieg in Europa. Das ,toppt‘ alles“, sagte er. Viele wüssten nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. „Umso wichtiger ist es, dass wir hier Menschen haben, die sich engagieren und auf die wir uns verlassen können“, sprach er die ausgezeichneten Ehrenamtlichen an und erinnerte auch an all die Menschen aus dem Landkreis, die den Menschen im Ahrtal nach der furchtbaren Flutkatastrophe geholfen haben. Die vielen Flüchtlinge machen die anstehenden Aufgaben nicht gerade leichter. „Es ist gut, dass es Menschen wie Sie gibt – die helfen und sich für andere einbringen. Das ist ein ermutigendes Zeichen. Man muss widerstandsfähig sein in schwieriger Zeit“, so der Landrat.
Einblicke in die Arbeit
Alle Preisträger bekamen von Ulrich Gottlieb, Verleger des Teckboten, und Wolfgang Wimmer, Regionaldirektor Privatkunden Kirchheim, ihre Urkunden und das Preisgeld überreicht. Andreas Volz stellte auch die mit 500 Euro ausgezeichneten Projekte und die Köpfe, die hinter den Aktionen stehen, einzeln vor. Sie wurden nach vorne ans Pult gebeten und konnten kurz Einblicke in ihre Arbeit geben.
Die Sieger des Ehrenamtspreises
Mit 1500 Euro ausgezeichnet:
Sanwald-Stiftung Mit ihren Hof- und Gartenkonzerten haben zahlreiche Musikerinnen und Musiker das Leben der Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner während der Pandemie ein bisschen bunter gemacht. Das kam bei allen Beteiligten so gut an, dass die Aktion fortgesetzt wird.
Angela Renz Die Oberlenningerin kümmert sich um geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Ihre Unterstützung ist vielfältig: Sie begleitet die Menschen auf Ämter und hilft ihnen nicht nur im Verwaltungsdschungel, sondern auch im Alltag – beispielsweise mit Grundnahrungsmitteln oder mit der Kontaktaufnahme zum Fußballverein.
Soziales Netz Weilheim Die Ehrenamtlichen haben Besuche und Begegnungen auch in Pandemiezeiten ermöglicht. Dazu zählt zum Beispiel gemeinsame Bewegung, bevorzugt im Freien, und Besuche an Weihnachten oder zum Geburtstag. Das Café Lebenslust ist ein Angebot für demente Menschen.
Mit 500 Euro ausgezeichnet:
Forum Altern Dettingen Der Verein hat eines der ersten Pop-up-Impfzentren ins Leben gerufen und dadurch etwa 1000 Menschen ab 80 Jahren aus der Region zu einem Impftermin verholfen.
Tauchgruppe Teck Damit sich bei geschlossenen Bädern der Verein nicht automatisch auflöst, haben die Mitglieder ein Programm fürs „Trockentauchen“ auf die Beine und die Theorie in den Mittelpunkt gestellt.
Taschengeldbörse Nabern Wie bei einer Börse kommen Angebot und Nachfrage zusammen. In diesem Fall sind es leichte Arbeiten wie Laubrechen, Dachrinnenputzen, Einkaufengehen oder Babysitten.
Ilse Schlenker Die Tierschützerin konnte wegen Corona nicht mehr im Tierheim arbeiten. Ihre neue Aufgabe: Sie rettet Lebensmittel, bringt sie den Tieren – und was die nicht mögen, wird zu Marmelade oder Suppe.
Musikverein Dettingen Der Verein wird in Pandemiezeiten zum Back- und Brutzelverein, weil keine Proben stattfinden können. Um Einnahmen erzielen zu können, werden jahreszeitlich abgestimmt Zwiebelkuchen und Weihnachtsplätzchen gebacken und Schweinshaxe gebrutzelt.
Besuchs- und Begleitdienst mit Hund Die Mensch-Tier-Teams der Malteser besuchen Senioren und Menschen mit Handicap, um ihnen Freude zu schenken oder eine Struktur zu geben. Auch Sabrina Gölz und ihre Paula sind regelmäßig im „Haus an der Teck“ in Dettingen zu Gast. ih